Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1812 I 224.jpg

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den ersten Prinzen zur Welt brachte, nahm die Schwiegermutter ihn weg, bestrich ihr den Mund mit Blut und gab dann bei dem König vor, die Königin habe ihr eigen Kind gefressen, und sey eine Zauberin. Der König aber, aus großer Liebe, wollte es nicht glauben; darnach als sie den zweiten Prinzen gebar, übte die gottlose Schwiegermutter denselben Betrug, und klagte sie wieder beim König an, und weil sie nicht reden durfte, sondern immer stumm saß und an den sechs Hemdern arbeitete, so konnte sie nichts mehr erretten, und sie ward zum Feuer verdammt. Der Tag kam heran, wo das Urtheil sollte vollzogen werden, es war gerade der letzte Tag von den sechs Jahren, und sie war mit den sechs Hemdern fertig geworden, nur an einem fehlte der linke Ermel. Wie sie nun zum Scheiterhaufen geführt wurde, nahm sie die sechs Hemder mit sich, und wie sie oben stand und eben das Feuer sollte angesteckt werden, sah sie sechs Schwäne durch die Luft daher ziehen, und über ihr sich herabsenken. Da warf sie die Hemdlein hinauf, die fielen über die Schwäne hin, und kaum waren sie davon berührt, so fiel ihre Schwanenhaut ab, und die sechs Brüder standen leibhaftig vor ihr, nur dem sechsten fehlte der linke Arm, und er hatte dafür einen Schwanenflügel auf dem Rücken. Da war ihr auch die Sprache wiedergegeben,

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1812). Berlin 1812, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_I_224.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)