sollst du stehen und mich erwarten. Drei Tage lang komm ich jeden
Mittag um zwei Uhr zu dir in einem Wagen, der ist erst mit vier
weißen Hengsten bespannt, dann mit vier rothen und zuletzt mit vier
schwarzen, wenn du aber nicht wach bist, sondern schläfst, so werde
ich nicht erlöst.“ Der Mann versprach alles zu thun, was sie verlangt
hatte, die Rabe aber sagte „ach, ich weiß es schon, du wirst
mich nicht erlösen, du nimmst etwas von der Frau.“ Da versprach
der Mann noch einmal er wollte gewiß nichts anrühren weder von
dem Essen noch von dem Trinken. Wie er aber in das Haus kam,
trat die alte Frau zu ihm und sagte „armer Mann, was seid ihr
abgemattet, kommt und erquickt euch, esset und trinkt.“ „Nein,“
sagte der Mann, „ich will nicht essen und nicht trinken.“ Sie ließ
ihm aber keine Ruhe und sprach „wenn ihr dann nicht essen wollt,
so thut einen Zug aus dem Glas, einmal ist keinmal.“ Da ließ
er sich überreden und trank. Nachmittags gegen zwei Uhr gieng er
hinaus in den Garten auf die Lohhucke und wollte auf die Rabe
warten. Wie er da stand, ward er auf einmal so müde, und
konnte es nicht überwinden und legte sich ein wenig nieder: doch
wollte er nicht einschlafen. Aber kaum hatte er sich hin gestreckt,
so fielen ihm die Augen von selber zu, und er schlief ein und schlief
so fest daß ihn nichts auf der Welt hätte erwecken können. Um
zwei Uhr kam die Rabe mit vier weißen Hengsten gefahren, aber sie
war schon in voller Trauer und sprach „ich weiß daß er schläft.“
Und als sie in den Garten kam, lag er auch da auf der Lohhucke
und schlief. Sie stieg aus dem Wagen, gieng zu ihm und schüttelte
ihn und rief ihn an, aber er erwachte nicht. Am andern
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1850). Göttingen 1850, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1850_II_048.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)