Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 118.jpg

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insgeheim aber, wenn der Zauberer beiseit oder ausgegangen ist, liest er in den Zauberbüchern und lernt die Sprüche und Vorschriften auswendig. Das geht so lange hin, bis ihn eines Tags der Meister über einem Buch findet und merkt was geschehen ist. „Wart“, ruft er, „du sollst mir nicht entrinnen!“ Der Knabe thut schnell einen kräftigen Spruch, wird zum Vogel und entfliegt: der Meister verwandelt sich eben so schnell in einen Raubvogel und setzt ihm nach. Die Reihe von Verwandlungen, welche nun folgte, wußte die Erzählerin nicht mehr, aber das Ende davon war, daß der Junge klüger sich zeigte als der Meister, und während dieser in Gestalt eines Haberkorns da liegt, der Junge die eines Hahns annimmt und es verschluckt; womit der Zauberer verloren und vernichtet war. Eine andere Überlieferung bei Müllenhoff Nr. 27 und bei Pröhle Märchen für die Jugend Nr. 26. Am schönsten ist unstreitig das Märchen bei Straparola 8, 5 in der vollständigen Ausgabe (s. unten), doch auch das dänische bei Etlar (S. 36) sehr gut. Polnisch in der dänischen Sammlung bei Molbech Nr. 66 S. 66 und bei Lewestam S. 110. Walachisch, der Teufel und sein Schüler, bei Schott Nr. 18. Serbisch bei Wuk Nr. 6.

Merkwürdig sind die nicht gleichen aber ähnlichen Verwandlungen zwischen zwei des Zaubers kundigen in einer Erzählung der 1001 Nacht (1, 385. 386). Es kommt gleichfalls darin vor daß der eine Theil sich in einen Granatapfel verwandelt, dessen Körner der andere als Hahn auffrißt, weil er aber ein Korn übersieht, gehen die Verwandlungen noch weiter. Andere findet man in den Märchen Nr. 56. 76. 79; auch in einer wallisischen Sage von Ceridwen (Mone 2, 521), wo zuletzt eine Henne das Korn frißt. Endlich werden im Simplicissimus (S. 212. 235 Mömpelg. Ausg.) solche, aber ernsthaft gemeinte Zauberstücke erzählt. Auch Malagis geräth über die Zauberbücher des Baldaris, den er für seinen Vater gehalten hat, und lernt heimlich die Kunst daraus. Einmal, als sie am Tisch sitzen, zaubert Baldaris Hasen und Kaninchen, die nach einander daher laufen, da läßt Malagis zwei schöne Windhunde auf die Tafel springen, welche die Thierchen erjagen und zerreißen. Baldaris zaubert ein Wasser, darin sich alle sollen die Hände waschen, aber Malagis macht daß das Wasser schwarz wird und es klebt wie Pech (Heidelberg. Handschr. Blatt 19b. 20a). Vergl. dabei das ungarische Märchen von der gläsernen Hacke (bei Gaal Nr. 3), wo

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_118.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)