Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 373.jpg

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mehr essen als ich? morgen wollen wir hinaus in den Wald gehen und dann werden wir sehen wer von uns beiden nicht zu sättigen ist.“ Der Vogel willigt ein. Als sie den andern Morgen im Wald anlangen, beginnt ein jeder zu essen. Der Elephant bricht Bäume und ißt sie mit den Früchten. Der Vogel kratzt den Boden auf und verschluckt alle Insecten die er findet. Gegen Mittag ist der Bauch des Elephanten angefüllt und sein Hunger gestillt, da legt er sich unter einen Baum. Aber der Vogel ist noch nicht satt, kratzt weiter die Erde auf und sucht Nahrung. Ein paar Stunden nach Mittag geht der Vogel zu dem Elephanten und spricht „Bruder Elephant, du dachtest mich zu übertreffen, aber wir hatten kaum ein wenig Nahrung zu uns genommen, so sagest du schon „ich habe genug“ und legtest dich in den Schatten. Mach dich auf und laß uns unsere Speise suchen, ehe es Nacht wird. Dann wollen wir schlafen gehen und morgen von neuem anfangen.“ Am nächsten Morgen heißt der Vogel den Elephanten sich fertig machen. Dieser muß seinen Leib entleeren, als das der Vogel sieht, kommt er heran, und kratzt in dem Mist des Elephanten. Dieser denkt „ich habe genug gegessen; aber dies kleine Ding hat nicht genug, jetzt kratzt es in meinem Mist in der Meinung das sei auch Nahrung. Bleiben wir beide zusammen, so wird es allmälig auch mich aufessen.“ Da lösten sie ihre Freundschaft, der Elephant gieng in den Wald und der Vogel blieb daheim. Wenn jemand in Bornu Hirsen gesät und gejätet hat, so kommen die Elephanten und fressen ihn auf. Sieht man das, so holt man einen Vogel und schlägt ihn daß er schreit. Hört das der Elephant, so lauft er fort. Dieselbe Grundlage aber eine ganz verschiedene Ausführung findet sich in einem Märchen anderer Neger, das G. Klemm (Allgemeine Culturgeschichte der Menschheit 3, 389. 390) mittheilt. Ein Elephant und eine Ziege streiten wer von ihnen beiden am stärksten fressen könne. Um die Streitfrage zu entscheiden gehen beide auf eine Wiese, die so groß ist als die Entfernung bis in das Land der Weißen. Als sie eine Zeitlang gefressen haben, legt sich die Ziege auf einen Felsen und fängt an wiederzukäuen. „Was machst du da?“ fragt der Elephant. „Ich verzehre den Felsen,“ antwortet die Ziege, „und wenn ich damit fertig bin, werde ich dich verzehren.“ Der Elephant erschrickt über diese unerwartete Drohung, lauft eilig davon und hat seitdem nicht wieder gewagt in eine Stadt zu gehen, worin eine Ziege zu finden ist.

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 373. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_373.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)