Seite:Klabund Deutsche Literaturgeschichte in einer Stunde 071.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

seine Exponenten. Den Streit aller Revolutionen zwischen Individualismus und Kommunismus entscheidet der einzige Richter, der ihn zu entscheiden vermag: der Tod. Er selber lenkt die Guillotine, die heute Dantons Haupt frißt, die morgen das Haupt des Robespierre fressen wird, bis übermorgen Napoleon sie von der Bühne des Welttheaters entfernt. Für eine Weile ... Er hat andere Requisiten und Maschinen, die nicht weniger exakt und blutig arbeiten: Kanonen und Mitrailleusen[1]. – Im Wozzek, der Fragment geblieben ist, knüpft Büchner an Lenz an (dem er eine schöne Novelle gewidmet hat). Die bürgerliche Tragödie, die Hebbel mit der Maria Magdalena schreiben wollte: sie gelang, selbst im Fragment, Büchner mit seinem Wozzek. Vom Wozzek läuft dann die Tradition zu Wedekind, der von niemand mehr gelernt hat als von diesem Büchnerschen Fragment. Auch als politischer Revolutionär ist Büchner von eminenter Bedeutung. Seine Botschaft „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ ist das flammendste deutsche revolutionäre Manifest überhaupt. Büchner starb zehn Jahre zu früh. Er wäre der gegebene Führer der 48er Revolution geworden. Er wurde nur 24 Jahre alt. Ein Jahrhundert hat der Heldentod des Jünglings Theodor Körner, der ein guter Soldat, aber ein schlechter Trompeter war, das Heldenleben des Jünglings Georg Büchner völlig verdunkelt.


Heinrich Laube (aus Sprottau, 1806–1884) schlug die dramatische Pauke, daß einem Hören und Sehen verging. Sein Graf Essex war das erste Theaterstück, das ich als Knabe auf der Schmierenbühne einer märkischen Kleinstadt sah. Niemals mehr hat ein Drama einen solchen Eindruck auf mich gemacht. Ich sehe noch immer den schlotternden Essex im Kerker sitzen und höre auf einem vom Bäcker geborgten blechernen Kuchenteller zwölfmal die Stunde des Gerichtes schlagen. Alle Schauer

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Mitrailleuse (franz.), Maschinengewehr
Empfohlene Zitierweise:
Klabund: Deutsche Literaturgeschichte in einer Stunde. Leipzig-Gaschwitz: Dürr & Weber, 1920, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Klabund_Deutsche_Literaturgeschichte_in_einer_Stunde_071.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)