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Vorwort zur ersten Auflage.

Im Hochsommer dieses Jahres las ich in einer jüdisch-liberalen Zeitung die Bemerkung, daß die chinesischen Wirren den Antisemiten sehr ungelegen kämen, weil dadurch die Konitzer Mordgeschichte in den Hintergrund gedrängt und allmählich in Vergessenheit geraten würde.

Man wird diese Aeußerung als ein unbeabsichtigtes und darum um so beweiskräftigeres Geständnis betrachten dürfen, daß der Judenschaft sehr viel an einem baldigen Verstummen der öffentlichen Erörterungen über den Blutmord in Konitz liegt. Die gesamte deutsch- christliche Bevölkerung hat aber genau das entgegengesetzte Interesse.

Der Wachhaltung des Volksgewissens soll nun diese Schrift dienen.

Ihr Erscheinen war schon Ende August 1900 geplant; aber in Erwägung des Umstandes, daß zahlreiche mit der Winterschen Mordsache im Zusammenhange stehende Prozesse verschiedenster Art, private Beleidigungsklagen und öffentliche Anklagen wegen Landfriedensbruch, Meineid und Begünstigung in den Monaten September und Oktober zur Verhandlung kommen sollten, entschied ich mich für einen späteren Zeitpunkt.

Ich wollte vermeiden, daß etwa Widersprüche zwischen den Angaben der Broschüre und den eidlichen Zeugen- Aussagen sich herausstellen könnten. – Nebenbei erwartete ich, daß sich aus den Prozeßverhandlungen neues wichtiges Material ergeben würde. – Diese Erwartung hat sich in einem Umfange bestätigt, den ich nicht voraussehen konnte. In all den Nebenprozessen, besonders aber in den beiden Schwurgerichts- Verhandlungen gegen den Seminaristen Speisiger, am 5. und 6. Oktober, und gegen Masloff und Genossen vom 26. Oktober bis zum 9. November sind eine Menge neuer thatsächlicher Feststellungen von weittragender Bedeutung erfolgt. – Die vorher schon fertiggestellte Schrift wurde daher einer völligen Umarbeitung unterzogen. Es sind alle beschworenen Zeugen- Aussagen aus den verschiedenen Krawall-, Meineids- und Beleidigungsprozessen usw., sowie das umfangreiche sonst vorliegende, in den letzten Monaten noch erheblich angewachsene Material sorgfältig geprüft, gesichtet und für die folgenden Darstellungen verwendet worden. Diese bieten nunmehr eine übersichtliche Schilderung des Verbrechens mit allen wichtigen Begleit-Umständen. Der Verfasser scheut sich nicht, aus den Thatsachen Schlüsse zu ziehen, die im schroffen Gegensatze zu den Auffassungen derjenigen Polizei- und Gerichtsbehörden stehen, die bisher mit der Verfolgung der Mörder des Gymnasiasten Winter beauftragt waren.

Ich bin nicht der Verfasser. Die thatsächlichen Unterlagen sind vielmehr durch eine Mehrzahl von Personen in mühevoller, langwieriger Arbeit beschafft und dann von einem erfahrenen, in einer großen Stadt wohnenden Kriminalisten zusammengestellt worden. – Ich habe aber die Schrift Satz für Satz geprüft und übernehme die volle Verantwortung für deren Angaben.

Nur was die im ersten Kapitel aufgeführten, zum größten Teile einem Büchelchen „Die Juden und das Christenblut“ entnommen, geschichtlich beglaubigten Blutmorde betrifft, bin ich nicht in der Lage gewesen, festzustellen, ob die Druckfehler (verwechselte Jahreszahlen, falsch geschriebene Ortsnamen

Empfohlene Zitierweise:
Max Liebermann von Sonnenberg: Der Blutmord in Konitz. Deutschnationale Buchhandlung und Verlags-Anstalt, Berlin 1901, Seite V. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Liebermann-_Blutmord_Konitz-_06-Vorwort_1-Auflage.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)