Seite:Lucians Werke 0019.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Der Traum.

1. Eben hatte ich aufgehört, die Knabenschule zu besuchen, und stand an der Gränze des Jünglings-Alters, als mein Vater mit den Verwandten zu Rathe ging, was er mich sollte lernen lassen. Die Meisten waren der Meinung, eine wissenschaftliche Laufbahn erfordere große Mühe, lange Zeit und nicht geringen Aufwand: es gehören glänzende Glücksumstände dazu, die unsrigen aber wären gering, und bedürften einer baldigen Unterstützung. Wenn ich ein Handwerk erlernte, so würde ich gar bald mit meiner Kunst meine Bedürfnisse bestreiten können, und nicht nöthig haben, in diesem Alter mich noch im väterlichen Hause füttern zu lassen: ja es würde nicht lange währen, so würde ich meinem Vater eine große Freude machen können, wenn ich ihnen jedesmal meinen Verdienst heimbrächte.

2. Nun ward aber die zweite Frage aufgeworfen, welches unter den Handwerken das beste, leichteste, mit den wenigsten Kosten zu erlernende, und einem Bürgerssohn anständigste sey, und doch dabei seinen Mann ernähre? Der eine lobte dieses, der andere jenes, jeder nach seiner Neigung und Einsicht. Endlich wandte sich mein Vater an meinen ebenfalls anwesenden Mutterbruder, der für den ersten Bildhauer von Samosata und einen sehr berühmten Steinmetzen galt, und sprach: „Es wäre doch nicht recht, in deiner Gegenwart einer

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. Stuttgart: J. B. Metzler, 1827–1832, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0019.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)