Seite:Lucians Werke 0095.jpg

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gegen einen so geraden und freigebigen Mann den ungeziemendsten Schmeichlerkünsten aufbieten. Du weißt, ein Stück Gerstenbrod nebst einer Zwiebel oder etwas Kresse ist meine ganze und liebste Mahlzeit, und wenn ich recht üppig leben will, streue ich ein Paar Körnchen Salz darauf. Mein Trank quillt aus der Calirrhoë[1], dieser abgetragene grobe Wollenmantel ist mir lieber als das schönste Purpurkleid, und Gold und Kieselsteine sind in meinen Augen von gleichem Werth. Ich komme blos um deinetwillen, um dich vor dem vielfältigen und unheilbaren Schaden zu bewahren, in welchen schon so viele durch das schlimmste und gefährlichste aller Dinge, durch den Reichthum, gerathen sind. Wenn du also mir folgen willst, so wirfst du deinen ganzen Schatz in’s Meer. Einem so edeln Manne, der die Schätze der Weisheit zu finden weiß, kann er ja zu gar nichts helfen. Jedoch hast du nicht nöthig, mein Freund, dich tief in die Fluthen zu wagen: steige nur bis etwa an die Hüften, nicht weit von der Brandung, in’s Wasser, und wirf ihn sodann in keines andern Menschen, als in meiner Gegenwart, in die Wellen.

57. Wofern dir aber dieß nicht gefällt, so giebt es noch einen andern und bessern Weg, dein Gold in aller Geschwindigkeit aus dem Hause zu schaffen, ohne daß du nöthig hast, einen Obolus behalten zu müssen. Theile es unter die Bedürftigen aus: dem Einen giebst du fünf Drachmen[2], dem


  1. Calirrhoë oder Enneakrunos (die neun Röhren) war einer der Stadtbrunnen zu Athen.
  2. Der Obolus betrug 4,34 Kr., die Drachme 26,06 Kr., die Mine 43 fl. 26 Kr. Das Talent 2605 fl. 50 Kr.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0095.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)