Seite:Lucians Werke 0307.jpg

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Hörst du, liebstes Merkurchen, laß mich nicht im Stiche, ich bitte dich um deines Vaters willen; führe mich allenthalben herum in der Welt, damit ich doch auch etwas gesehen habe, wenn ich wieder nach Hause komme. Denn wenn du von mir gehst, ist mir’s, als ob ich stockblind wäre. Gerade wie die Leute, wenn sie in unsere Finsterniß kommen, unsichern Trittes herumtappen, so geht es mir hier am Sonnenlicht: es blendet mich zu sehr. Thu mir also immer den Gefallen, lieber Cyllenier; ich werde dir ewig dafür dankbar seyn.

2. Merkur. Das Ding wird mir übel bekommen: ich sehe voraus, der Lohn dieses Herumführens wird in Ohrfeigen bestehen. Doch – sey’s d’rum! Wenn man von einem so guten Freunde genöthigt wird, was will man machen? Daß ich dir aber Alles, Stück für Stück, zeige, ist eine Unmöglichkeit, lieber Fährmann. Dazu wäre ein Aufenthalt von vielen Jahren erforderlich, und inzwischen würde mich Jupiter wie einen entlaufenen Sklaven durch öffentlichen Ausruf erfragen lassen. Und du selbst wärest abgehalten, dein Leichenamt zu verwalten: Pluto’s Reich käme zu Schaden, wenn du ihm in so langer Zeit keine Todten zuführtest; und wie ungehalten würde der Zolleinnehmer Aeacus werden, wenn ihm kein Obolus mehr eingienge? Wir wollen also nur darauf denken, wie du das Hauptsächlichste, was es hier oben giebt, zu sehen bekommest.

Charon. Siehe du selbst, wie das am besten zu machen ist: ich bin fremd, und weiß hier oben keinen Bescheid.

Merkur. Das Ganze ist: wir brauchen einen hohen Standpunkt, von welchem aus du Alles überschauen kannst.

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0307.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)