Seite:Lucians Werke 0414.jpg

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oder hält rhetorische Vorträge und kramt seinen Schnickschnack aus. Oder halt – der Ehrenmann lauert vielleicht, um im Vorbeigehen Etwas mitspazieren zu lassen; denn das ist ja auch eine von seinen Fertigkeiten. In der That, er nimmt sich große Freiheiten gegen uns heraus, ungeachtet er zur Hälfte uns angehört.

2. Clotho. Wie, Charon? Kannst du denn wissen, ob er nicht sonst eine Abhaltung hat, ob nicht Jupiter seiner Dienste in oberweltlichen Angelegenheiten länger, als sonst, benöthigt ist? Denn der ist ja ebenfalls sein Herr.

Charon. Aber nicht um über einen gemeinschaftlichen Diener ungebührlich lange zu verfügen. Wir haben ihn ja auch noch nie aufgehalten, wenn er gehen mußte. Aber ich weiß sehr gut, was die Ursache ist. Bei uns gibt es Nichts als Asphodilen, etliche Libationen und Todtenopfer mit ein paar magern Kuchen; alles Uebrige ist Nebel und einförmig Finsterniß. Im Himmel dagegen ist es hell und lustig: da gibt es Ambrosia die Fülle, und Nectar, so viel man wünschen mag. Kein Wunder also, wenn er seinen Aufenthalt dort zu verlängern sucht, und von uns davon flattert, wie Einer, der aus einem Kerker entkommt, dann aber, wann es Zeit ist, wieder herabzukommen, sich so bedächtlich in Bewegung setzt, daß viel dazu gehört, bis man ihn zu Gesicht bekommt.

3. Clotho. Ereifere dich nicht länger, Charon. Siehst du, da ist er ja schon mit einer Menge Todter, die er wie eine dicht gedrängte Ziegenheerde mit dem Stabe vor sich hertreibt. Aber was sehe ich? Einer von ihnen ist ja gebunden, ein Anderer lacht aus vollem Halse, und ein Dritter hat einen

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 414. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0414.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)