Seite:Lucians Werke 0829.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

an den Ort, wo das Fundament zu dem neuen Tempel gegraben worden war. In demselben befand sich eine Pfütze, welche entweder vom Regen oder aus dem Wasser entstanden war, das sich in dieser Grube allmählig gesammelt hatte. Ein ausgehöhltes Gänseey, das eine kleine, eben erst ausgeschlüpfte Schlange barg, legte er in dem schlammigten Grunde der Pfütze nieder, und begab sich dann in der Stille wieder nach Hause. Mit dem Frühsten des andern Tages rennt er nackt mit einem goldenen Schamgürtel um die Hüfte, und jenen krummen Säbel in der Hand, auf den Markt, schüttelt seine aufgelösten Locken, wie ein begeisterter Priester der Cybele, besteigt einen hohen Altar, haranguirt das Volk, und spricht von dem außerordentlichen Glück, das dieser Stadt bevorstehe, den leibhaften Gott in ihre Mauern aufzunehmen. Alle Anwesenden – denn fast die ganze Bevölkerung der Stadt, Weiber, Kinder, Greise, waren zusammengelaufen – staunten, fielen auf die Kniee und beteten an. Inzwischen stieß der Mann viele unverständliche Worte aus, die wie Ebräisch oder Phönicisch klangen, und auf die Menge einen um so stärkern Eindruck machten, weil sie, die Namen Apollo und Aesculap ausgenommen, die er einmal um das andere zwischenein tönen ließ, gar nicht verstand, was er sagte.

14. Auf Einmal läuft er eilends dem angefangenen Tempelbau zu; und, angekommen bei dem Graben und bei seiner so pfiffig angelegten Orakelquelle, steigt er in das Wasser, singt mit mächtiger Stimme Hymnen auf Aesculap und Apollo, und ruft des Gottes gnadenreiche Erscheinung für diese Stadt herbei. Hierauf läßt er sich eine Schale reichen,

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 829. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0829.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)