Seite:Lucians Werke 1007.jpg

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Damon hinabstürzte, sein Freund auf ihn zuschwamm, und wie Beide auf den Wellen trieben. Das Weitere erzählte mir Euthydikus selbst. Zuerst wären sie an einige Korkstücke gerathen, an denen sie sich gehalten und mit harter Mühe fortgearbeitet hätten: gegen Tagesanbruch aber wären sie die Schiffsleiter gewahr worden, auf sie zugeschwommen, hinaufgeklettert, und von ihr gemächlich an die Küste von Zacynthus getragen worden.

22. Nach diesem gewiß nicht gemeinen Beispiel von Freundestreue laß dir ein Drittes erzählen, das diesem nichts nachgibt. Eudamidas aus Korinth hatte zwei Freunde, den Aretäus aus Korinth und Charixénus aus Sicyon, welche beide sehr wohlhabend waren, während er selbst nicht das Geringste besaß. Nach seinem Tode fand sich ein Testament vor, das den Leuten sehr lächerlich vorkommen mochte, worüber hingegen du, als ein Mann von edler Denkart, der die Freundschaft zu schätzen weiß und um den ersten Preis in derselben wetteifert, wie ich nicht zweifle, ganz anders urtheilen wird. Das Testament lautete so: „Ich vermache dem Aretäus meine Mutter, um sie zu ernähren und in ihrem Alter zu pflegen, dem Charixénus aber meine Tochter, um sie so reichlich auszustatten, als seine Vermögensumstände erlauben werden (Eudamidas hinterließ nämlich eine sehr betagte Mutter und eine bereits heirathsfähige Tochter). Sollte es aber, hieß es weiter, mit dem Einen und Andern vor der Zeit eine Veränderung geben, so soll der Antheil des Einen sofort dem Andern anheimfallen.“ Wie diese Verfügung eröffnet war, so nahmen Alle, welche zwar die Armuth des Eudamidas, nicht aber die Freundschaft kannten,

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1007. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1007.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)