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Simon. Und warum nicht? Eben weil er die Kunst nicht besitzt, die ihn erhalten könnte: nicht wahr?

Tychiades. So ist’s.

Simon. Also könnte sich auch der Parasit mit seiner Parasitik nicht erhalten, wenn sie eine Unkunst wäre?

Tychiades. Das folgt allerdings.

Simon. Die Kunst also ist’s, die ihn erhält, die Unkunst nicht?

Tychiades. Ja wohl.

Simon. Die Parasitik ist also eine Kunst?

Tychiades. Eine Kunst, so scheint es wirklich.

Simon. Zudem sind mir mehrere Fälle bekannt, wo selbst vorzügliche Steuermänner Schiffbruch gelitten, und sehr kunstgerechte Kutscher vom Wagen geworfen worden, und Arm und Bein gebrochen, oder wohl gar das Leben verloren haben. Aber von dem Schiffbruche eines Parasiten wird kein Mensch zu erzählen wissen. Da nun also die Parasitik keine Unkunst, noch auch ein bloß natürliches Vermögen, sondern ein System von Kenntnissen ist, die in Ausübung treten, so sind wir von jetzt an darüber Eins, daß sie eine förmliche Kunst ist?

9. Tychiades. Ja, so Viel aus dem Bisherigen zu schließen ist. Aber nun bist du mir noch eine tüchtige Begriffsbestimmung von der Parasitik schuldig.

Simon. Du hast Recht. Ich glaube, daß sie sich am besten so definiren läßt: „Parasitik ist die Kunst, geschickt zu reden, um dafür gespeist und getränkt zu werden, und hat zum Zwecke das sinnliche Vergnügen.“

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1290. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1290.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)