Seite:Lucians Werke 1299.jpg

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so wird unschwer zu entnehmen seyn, daß zwischen meiner Kunst und den übrigen kein geringerer Unterschied ist, als zwischen der Nausicaa und ihren Dienerinnen.

27. Vorerst hat sie vor beiden, in Hinsicht auf ihr Wesen selbst, den großen Vorzug, daß sie als etwas Wirkliches besteht, und jene nicht. Die Rhetorik gilt nicht Allen für Dasselbe: Einige halten sie für eine Kunst, Andere für das Gegentheil, für eine Unkunst, Etliche sogar für eine arge Kunst, Andere wieder für etwas Anderes. Eben so verhält es sich mit der Philosophie: eine andere Ansicht von ihr hat Epicur, eine andere die Stoiker, eine andere die Academiker, wieder eine andere die Peripatetiker: kurz Jeder macht sich einen andern Begriff von der Philosophie; so daß bis auf den heutigen Tag die Philosophen sich darüber nicht vereinigen konnten, noch auch ihre Kunst als eine und dieselbe erscheint. Was sich daraus ergibt, liegt am Tage, denke ich. Eine Kunst nämlich, ohne bestimmte Wesenheit, ist gar keine Kunst. Die Arithmetik z. B. ist doch überall nur eine und dieselbe; zweimal zwei macht vier, bei den Persern so gut, als bei uns; Griechen und Barbaren sind darin ganz Eins. Allein der Philosophieen sehen wir viele und vielerlei, die weder in ihren Principien noch in ihren Endzwecken mit einander harmoniren.

Tychiades. Da hast du Recht: sie sagen zwar immer, es gebe nur Eine Philosophie, aber sie selbst machen viele aus ihr.

28. Simon. Wenn hie und da in andern Künsten durchgängige Uebereinstimmung vermißt wird, Was man damit entschuldigen wollte, daß sie ihrer Natur nach etwas Unentschiedenes

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1299. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1299.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)