Seite:Lucians Werke 1584.jpg

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Aussicht auf fünf Talente Mitgift gezeigt wird, was glaubst du, wird er sich auch alsdann noch jener Thränen, jener Küsse und Eidschwüre erinnern?

Musarion. Ja, er wird es gewiß! Und ein Beweis davon ist, daß er sich nicht bereits vermählt, sondern, so sehr man ihn nöthigen wollte, dennoch alle Vorschläge standhaft verworfen hat.

Mutter. Gebe der Himmel, daß du dich in ihm nicht täuschest! Aber du wirst noch an mich denken, Musarion!


7. (8.) Ampelis und Chrysis.

1. Ampelis. Glaube mir, liebe Chrysis, Wer nicht eifersüchtig ist, Wer auf sein Mädchen noch nicht gezürnt, sie noch nicht geschlagen, ihr die Haare noch nicht vom Kopfe geschnitten oder die Kleider vom Leibe gerissen hat, der ist noch kein rechter Liebhaber.

Chrysis. Wie so, Ampelis? das wären also die einzigen Kennzeichen der wahren Liebe?

Ampelis. Allerdings: wenigstens die eines feurigen Mannes. Denn alles Uebrige, die Küsse, die Thränen, die Schwüre, die häufigen Besuche beweisen nur erst, daß die Liebe in ihrem Beginnen ist. In das rechte Feuer geräth sie erst durch die Eifersucht. Wenn dich also dein Gorgias geschlagen hat, wie du sagst, wenn er so recht voller Eifersucht ist, so freue dich und wünsche nur, daß er es nie anders mache.

Chrysis. Nie anders? Wie meinst du das? daß er mich immer schlagen soll?

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1584. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1584.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)