Seite:Ludwig Anzengrubers sämtliche Werke II 046.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Ludwig Anzengruber: Der Pfarrer von Kirchfeld. Aus: Ludwig Anzengrubers sämtliche Werke. Band 2


Annerl (hat ihm die Hand geküßt).

Vetter. Und der hochwürdige Herr hat mir bereits die Hand darauf gegeben, daß er dich aufnehmen will.

Annerl. Vergelt’s Gott! (Küßt dem Hell die Hand.)

Hell (indem er ihr die Hand entzieht und ihr dieselbe auf den Scheitel legt). Wie heißt du, mein Kind?

Annerl. Anna Birkmeier.

Hell. Also … Anna, ich heiße dich in meinem Hause willkommen. Du weißt wohl selbst, daß Dienen kein leichtes Brot ist; indessen will ich dafür sorgen, daß dir von niemand dein Stand schwerer gemacht wird, als er es für dich ohnedies schon sein mag.

Annerl. Ich fürcht mich nimmer vorm Dienst. Oben auf der Bergstraßen hab ich ein Kirchfelder getroffen, der gsagt hat, daß er dein Feind is, hochwürdiger Herr, und der sich am Weg her alle Müh gebn hat, dir was Schlechtes nachzreden, und hat doch nix vorzbringen gwußt. Da hab ich mir denkt: was du für ein Herr sein mußt, wenn dir selbst die, die dir übel wolln, net zukönnen! Da bin ich um so couragierter aufn Pfarrhof zugangen, jetzt hab ich dich gsehn und ghört, wie gut und freundlich als d’ bist, jetzt tät’s mir fast weh, wann d’ mich nit dienen lassest!

Hell. Gewiß, du sollst bleiben!

Annerl. Es schreckt mich auch nit, daß d’ für ein geistlichen Herrn noch so viel jung bist.

Hell. Daß ich jung bin? –

Annerl. Ich denk, besser kann a brave Dirn ninderscht aufghobn sein, als bei dir.

Hell. Gewiß, Anna.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Anzengruber: Der Pfarrer von Kirchfeld. Aus: Ludwig Anzengrubers sämtliche Werke. Band 2. Wien 1922, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Anzengrubers_s%C3%A4mtliche_Werke_II_046.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)