Seite:Märchen (Montzheimer) 059.jpg

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„Tirli – die Beere ,All’sverstund’
Hast du, o Jüngling, funden!
Sie wächst nur alle hundert Jahr’
Und reift in wenig Stunden.
Tirli – tirli – Beer’ ,All’sverstund’
Ist wertvoll ungemessen:
Verstehst nun jede Vogelsprach’,
Weil du die Beer’ gegessen.
Tirli – tirli –, tu’ niemand kund,
Und schweig’ von Beere ,All’sverstund’.“

„Ei, mein Vöglein, ich danke dir,“ lächelte Albrecht ganz beglückt. Vöglein nickte ihm zu und flog weiter.

Albrecht fühlte jetzt vor Freude weder Durst noch Ermüdung; er hätte nur gern wegen der Richtung Bescheid gewußt.

Da schimmerte Gemäuer durch das Grün. Vielleicht waren Menschen dort, die er fragen konnte.

Kaum hatte er einige Schritte in jener Richtung getan, als er dicht vor sich im Gestrüpp wieder ein Vöglein erblickte, das sein Liedlein sang. Auch jetzt verstand er Worte:

„Tiu – tri – tiu – dort im Walde, schau, schau,
Haust einsam im Hüttlein ein’ arglist’ge Frau.
Vor ihr und dem Sohne sei recht auf der Hut,
Und merk’, was Frau Ute und Hanko wohl tut.“

Das Vöglein wer längst davongeflogen. Albrecht war überzeugt, daß es jene Hütte gemeint hatte, der er nun ziemlich nahe war. Seine Neugierde war erwacht.

Vorsichtig näherte er sich. Da gewahrte er draußen neben der niedrigen Tür in engem Käfig einen Raben. „Krah – krah –“ rief der, als wolle er den Junker rufen. „Warum soll ich nicht hingehen?“ dachte dieser. „Vielleicht erzählt mir der Schwarzrock auch wichtige Dinge.“

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Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipziger Graphische Werke AG, Leipzig 1927, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_059.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)