Seite:Märchen (Montzheimer) 070.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

würden, wollte Albrecht erfahren, doch sein Begleiter antwortete nur:

„Wir Vögel Frag’ und Antwort tauschen
Von wicht’gem Ding, das wir erlauschen.“

Ein dichtes Haselgebüsch verbarg beide jedem Blick, so daß selbst Hexenaugen die Lauscher kaum entdecken konnten.

Nicht lange brauchten diese zu warten, so humpelte die Hexe heran, und bald danach erschien auch der Koch. Beide ließen sich am Runenstein, einem uralten Felsblock, nieder, wo die Lauscher jedes Wort vernehmen konnten. Sie sprachen natürlich sogleich von Marinka und ihrer kurzen Entzauberung, welches Gespräch die Alte öfters durch ihr höhnisches „Hi–hi–hi“ unterbrach, während Hankos Lachen „Hä–hä–hä“ dazwischen hörbar ward.

Eben erzählte letzterer von seinem Wortwechsel mit Albrecht, und wie der gerade bei der Entzauberung des Rittersporn zugegen gewesen sei. „Kannst du ihn nicht aus dem Wege schaffen, Mutter?“ schloß er seinen Bericht. Doch die Alte antwortete listig:

„Hab’s längst gemerkt, daß du ihn hassest
Und wissen möcht’st, wie du ihn fassest.
Ich weiß es wohl in ein’gen Wochen –
Solang’ Geduld. – Ich hab’s versprochen,
Daß ich bis dann ein Mittel finde,
Wie ich auch ihn mit Zauber binde.“

„Hä–hä–hä!“ lachte Hanko böse, „nach ihm wird niemand fragen, oder die schöne Marinka müßte es tun, wenn ihr Befreier bei ihrer nächsten Entzauberung fehlt. Weißt du, ich hoff’, die Marinka wird nie erlöst; sie mag nur ein Rittersporn bleiben und meinetwegen auch im Winter blühen. Vielleicht gibt’s auch nicht einmal ein Mittel, das sie befreien könnte.“

Empfohlene Zitierweise:
Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipziger Graphische Werke AG, Leipzig 1927, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_070.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)