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gemacht hatten, seufzten sie: „Ach, wie wird es uns daheim ergehen!“

Mit triumphierendem Lächeln erlauschte die Gelbe diese Seufzer; sie wußte nun, daß ihre bösen Reden nicht ohne Wirkung geblieben waren. Die Kinder waren ihr verfallen, weil sie vergaßen, was sie unlängst der Treue gelobt hatten.

Im nächsten Augenblick schlüpfte die Gelbe durch das Buschwerk, den beiden höhnisch nachwinkend.

Die Geschwister aber schlichen nun müde und einsilbig weiter, so sehr Täubchen auch mahnte, denn ihre Zuversicht war entschwunden.

Da lief eine goldig schillernde Eidechse über den Weg, nach der Sitta sich schnell bückte, unmutig ausrufend: „Warum sollen wir so eilig heim, da es hier im Walde so viel Wunderbares gibt?“ Während dieser Worte entglitt ihr das lässig gehaltene Band, was sie nicht sogleich bemerkte, denn im selben Augenblicke tummelte sich eine ganze Schar solcher Goldeidechsen spielend vor den Geschwistern. Täubchen jedoch flog davon, traurig girrend:

„Krrruh – kurruh –
Muß zur treuen Fru, –
Melden was geschehen,
Was ich mußte sehen:
Wie die Kinder treulos sprachen,
Untreu ihr Gelöbnis brachen.“

Wohl erschrak Sitta sehr, als sie merkte, daß Band und Taube entschwunden waren, doch die letzten Worte der treuen Führerin hörten beide nicht, da sie viel zu eifrig den wunderbaren Geschöpfen folgten.

Sie verloren denn auch sehr bald den rechten Weg, daß sie endlich weinend nicht aus noch ein wußten; dazu ward es dunkler und dunkler.

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Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipziger Graphische Werke AG, Leipzig 1927, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_122.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)