Seite:Märchen (Montzheimer) 123.jpg

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Dicht vor ihnen lag ein düsterer Teich, an dessen Rande die Erlenbüsche eigentümlich rauschten. Es klang fast wie eine Lockung, doch sie wurde von einem Frosch übertönt, der aus Leibeskräften rief:

„Quak – quak – brekquequequix –
Fort! – Fort! – hier wohnt die Nix’.“

Da erschraken die beiden gar sehr, liefen in der ersten besten Richtung weiter, bis sie ganz erschöpft in das Moos sanken.

Wohin sollten sie sich nun wenden? Ihr Weinen half ihnen nichts; als sie aber wieder um sich blickten, leuchtete es seltsam durch das Dunkel: es waren glänzende gelbe Nachtfalter, die die Kinder umgaukelten. Diese, ihre Müdigkeit vergessend, suchten sie zu haschen. Sie folgten den Wunderfaltern, die alle an einer bestimmten Stelle haltmachten; es war ein Gebäude, wie die Kinder gerade noch erkennen konnten.

Doch ihre Hoffnung, es möchte das Schloß der Treue sein, wurde getäuscht. Dünn und gebrechlich erschienen die Säulen der Vorhalle, als ob jeder heftige Windstoß das ganze Bauwerk wie ein Kartenhaus umwerfen könne, und häßlich gelb waren die Schlingpflanzen, die überall wucherten.

Es blieb den Geschwistern aber kein anderer Ausweg, als hier um Obdach zu bitten, wollten sie nicht im Walde vielleicht elend umkommen.

Die Schmetterlinge zeigten ihnen schon den Weg; eine Zickzacktreppe führte hinauf bis an das ebenfalls sehr gebrechlich erscheinende Tor. Das flog im gleichen Augenblick auf, als die Kinder es erreichten, und schloß sich ebenso schnell wieder hinter ihnen.

Erschrocken blickten sie auf, als plötzlich die gelbe Frau vor ihnen stand, sie mit spöttischem Gruße bewillkommend. Ohne eine Antwort abzuwarten, führte sie beide in einen prächtigen

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Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipziger Graphische Werke AG, Leipzig 1927, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_123.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)