Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder 027.jpg

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Nun stellte der König einmal eine große Tanzlustbarkeit an, die sollte in aller Pracht drei Tage dauern. Dazu wurden alle schönen Töchter des Landes von fern und von nahe eingeladen: denn der Prinz sollte sich dabei eine Braut aussuchen. Und zu diesem Feste wurden auch die zwei stolzen Schwestern eingeladen.

„Aschenbrödel, komm herauf,“ hieß es da, „kämm’ uns die Haare, bürst’ uns die Schuh’, und schnalle sie fest. Wir gehen auf das Schloß zum Tanz bei dem Prinzen.“

Aschenbrödel gab sich alle Mühe, und putzte sie, so gut sie konnte. Aber immer konnte sie es nicht recht machen, sondern bekam Schelte und Stöße, und als sie fertig waren, fragten sie spöttisch: „Aschenbrödel, willst du nicht mit zum Tanze?“ – „Ach, wie dürfte ich mich da sehen lassen“, antwortete sie traurig, „ich habe ja keine Kleider.“ – „Ja, das wäre mir recht,“ sagte hierauf die Aelteste, „wenn du da aufträtest. Wir müßten uns schämen, wenn die Leute hörten, daß du unsere Schwester wärest. Du gehörst in die Küche, und damit dir unterdessen die Zeit nicht lang währe, will ich dir Arbeit geben.“ – Und hiermit schüttete sie einen Haufen Linsen auf den Feuerheerd mit den Worten: „Wenn wir nach Hause kommen, müssen die gelesen seyn, sonst kriegst du deine Strafe.“

Damit fuhren sie auf das Schloß; Aschenbrödel aber stand, und sah ihnen nach, und als sie nichts mehr sehen konnte, ging sie traurig in die Küche an ihre Linsen. Als sie sah, daß es ein so großer Haufe war, so seufzte sie: „Ach, daran muß ich lesen bis Mitternacht, und darf die Augen nicht zufallen lassen. O wenn das meine Mutter wüßte!“ Da steckte sie ihr Lämpchen an, kniete nieder vor dem Heerd, fing an die Linsen zu verlesen, und weinte bitterlich.

Auf einmal flogen zwei schneeweiße Täubchen durch