Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder 069.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ausmachten: denn für das hielt sie die Leute, in deren Hause sie lebte, und nannte sie Vater und Mutter.

Eines Tages aber, als das Mädchen auf einem Berge ihre Ziegen und Schaafe weidete, verlief sich ein Schaaf in das Gebüsch. Das Mädchen lief ihm nach, aber das Schaaf ging immer weiter und weiter, bis es ihr endlich ganz aus den Augen war. Da kam das Mädchen an den Eingang einer Höhle, und glaubte, das Lamm möchte sich wohl darein verlaufen haben, und trat hinein. Doch sie fand es nicht. Da ihr aber am Ende der Höhle ein sonderbares Licht entgegenstrahlte, ging sie weiter und weiter; doch der Glanz zog sich immer vor ihr zurück. Aus Furcht, sie möchte den Rückweg nicht mehr finden, wandte sie sich um; sobald sie aber den ersten Schritt gethan hatte, wich der Boden unter ihren Füßen, und sie sank in eine tiefe, tiefe Höhle hinab. Sie war aber nicht gefallen, sondern nur ganz sanft hinabgeglitten.

Als sie sich umsah, befand sie sich in einem großen, unterirdischen Gemache, das von glänzenden Säulen getragen ward; die Wände aber glänzten von Edelsteinen, und erleuchteten es, wie Tageslicht; die rundgewölbte Decke war von einem himmelblauen, glänzenden Marmorstücke, und goldene Sterne bewegten sich daran, wie am Himmel. An dem einen Ende des Gemaches stand auf einem weißen Gestelle eine grüne Urne, die war aus einem Steine wie ein Blatt gearbeitet, und darauf lag die Schlangenköniginn mit ihrer Krone auf dem Haupte.

Das Mädchen war von Staunen und Schrecken ergriffen, als sie die große Schlange sah; die Königinn aber betrachtete sie eine Zeitlang mit unverwandtem Blicke, dann pfiff sie, und durch eine Oeffnung in der Wand kamen zwei andere Schlangen; die eine trug in ihrem Maule ein Halsband mit Edelsteinen, und die andere ein verschlossenes Kästchen