Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder 091.jpg

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Abend, nachdem sie Alles vergeblich versucht hatte, legte sie ihn in’s Heu, das sollte die Nacht das Blut ausziehen.

Tages darauf kam Blaubart zurück, und das Erste war, daß er die Schlüssel forderte. Trudchen gab sich alle Mühe, sich so viel möglich unbefangen und fröhlich zu stellen, und brachte die Schlüssel. Blaubart nahm sie, zählte sie nach, und sprach: „Hier fehlt einer! Wo ist der Schlüssel zu der verbotenen Kammer?“ Dabei sah er ihr scharf in die Augen. Sie aber zitterte an allen Gliedern, und wurde blutroth im Gesichte, und stammelte ängstlich: „Ich weiß nicht, er muß oben liegen; ich will ihn hernach suchen.“ – „Schaff’ ihn den Augenblick,“ schrie Blaubart mit fürchterlicher Stimme, „ich muß ihn gleich haben!“ Da erschrak Trudchen abermals, und sagte: „Ich will dir nur gestehen, ich habe den Schlüssel im Heu verloren.“ Mit zürnenden Blicken entgegnete Blaubart: „Du hast ihn nicht verloren, versteckt hast du ihn im Heu, damit er die rothen Flecke verlieren soll. Hol’ ihn den Augenblick, oder ich schleppe dich in die Blutkammer, wo es dir gehen soll, wie den Andern!“

Da holte sie den Schlüssel, welcher noch voller Blutflecke war, und gestand Alles, und beschwor ihn mit allen Zeichen der aufrichtigsten Reue, ihr nur dies Mal zu vergeben. Er aber blieb hart, wie ein Stein, und war durchaus nicht zu erweichen. „Vorwärts, hinauf in die Kammer!“ schrie er. „Bereite dich zum Tode, denn du mußt sterben!“ Bebend vor Angst umfaßte sie seine Kniee, benetzte sie mit heißen Thränen, und bat um ihr Leben. Aber er riß sich los, ergriff ein großes Messer, und schrie wieder: „Vorwärts auf die Kammer!“

„Weil Euch denn nichts erweicht,“ sagte hierauf Trudchen, und nahm allen ihren Muth zusammen, „so vergönnt