Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder 093.jpg

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Wiederum schrie Blaubart: „Wirst du noch nicht kommen?“ – Und Trudchen erwiederte: „Nur noch einen einzigen Augenblick!“ knieete dann halbtodt nieder, und rief: „Anna, Schwester Anna, siehst du noch nichts?“

„Ich sehe zwei Reiter, sie sind aber noch weit weg!“ erwiederte Aennchen; gleich darauf aber rief sie: „Gott sey gelobt, es sind die Brüder! ich winke ihnen, so viel ich kann.“

Jetzt war aber auch Blaubarts Geduld zu Ende; mit fürchterlichem Getöse stieg er die Treppe hinauf, um Trudchen in die Blutkammer zu schleppen. Schon hatte er die Thüre aufgebrochen, und das arme Trudchen an den Haaren ergriffen, als plötzlich die Brüder hereinstürmten, und ihn mit ihren Schwertern niederhieben, als er eben der unglücklichen Schwester das tödtende Messer in’s Herz stechen wollte.

Voll Freude, ihre Schwester gerettet zu haben, hingen sie nun den Wüthrich in der Blutkammer auf, wo er Trudchen den Platz zugedacht hatte, und räumten alle seine Schätze aus den Kammern, welche ihre Schwester erbte. Darauf steckten sie das Haus in Brand, und rissen es nieder, daß kein Stein auf dem andern blieb.


16.
Das Goldvögelchen.

Ein armer Besenbinder hatte zwei Söhne und eine Tochter, und mußte sich sehr kümmerlich mit ihnen behelfen: denn sein Verdienst war nur gering. Als nun der Vater starb, ward die Noth der Geschwister noch größer, indessen halfen sie sich doch, so gut sie konnten, durch: denn sie hatten