Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder 141.jpg

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zum Wahrzeichen, daß er Schneewittchen todt gestochen hätte.

Schneewittchen aber war nun in dem großen Walde mutterselig allein, so daß ihr recht angst und graulich wurde, und fing an zu laufen und zu laufen über die spitzen Steine, und durch die Dornen, den ganzen Tag. Endlich, als die Sonne untergehen wollte, kam sie an ein kleines Häuschen. Das Häuschen gehörte sieben Zwergen, die waren aber nicht zu Hause, sondern bei ihrer Arbeit im Bergwerke. Schneewittchen ging hinein, denn sie war so müde, so hungrig und durstig, und fand Alles darin nur klein, aber doch niedlich und reinlich. Da stand ein Tischlein mit sieben kleinen Tellern, und neben jedem Teller lag ein Löffelchen, ein Messerchen, und ein Gäbelchen, und ein Becherchen stand auch dabei, und, wie es sich für kleine Leutchen paßt und schickt, so waren alle Geräthe, und also auch die sieben kleinen Bettchen, die an der Wand in der Reihe neben einander standen.

Schneewittchen, weil sie so unschuldig und arglos war, und nicht dachte, es könne ihr jemand das übel nehmen, und weil sie auch so hungrig und durstig war, aß von jedem Tellerchen ein wenig Gemüse und Brot, trank aus jedem Becherchen einen oder zwei Tröpfchen Wein, und weil sie so müde war, wollte sie sich schlafen legen. Da versuchte sie die sieben Bettchen nach einander; aber keines wollte ihr passen, bis auf das siebente und letzte; darauf legte sie sich, und schlief ein.

Als es Nacht war, kamen die sieben Zwerge von ihrer Arbeit nach Haus, und steckten ihre sieben Lichtlein an; da sahen sie, daß jemand in ihrem Hause gewesen war. Der erste sprach: „Wer hat auf meinem Stühlchen gesessen?“ Der Zweite: „Wer hat von meinem Tellerchen gegessen?“ Der Dritte: „Wer hat von meinem Brötchen genommen?“