Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder 156.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ihm zwar mit seiner Armee entgegen gezogen, aber er hatte zu wenig Kriegsvolk, und verlor die Schlacht, und in derselben zugleich auch sein Leben.

Als die gute Königinn dies hörte, erschrak sie so sehr, daß sie krank wurde, und sich in’s Bette legen mußte.

Bald aber kam der Wüthrich mit seinen Soldaten in der Stadt an, wo die Königinn krank danieder lag, ging zu ihr auf’s Schloß, und befahl ihr, sie solle sogleich aufstehen und ihm folgen. Da sie hierüber aber so in Angst gerieth, daß sie kein Glied bewegen konnte, riß er sie bei ihren schönen langen Haaren aus dem Bette, ließ sie hinter sich auf sein großes schwarzes Pferd setzen, und trabte davon. Gewiß würde er die Unglückliche haben aufhängen lassen, wenn er nicht gehört hätte, daß sie bald ein Kind zur Welt bringen würde, das wunderschön seyn sollte. Er beschloß daher, wenn es ein Prinz wäre, ihn mit der Mutter erwürgen zu lassen, wäre es aber ein Mädchen, so solle es seinen einäugigen Sohn heirathen, der zwar noch klein, aber doch schon an Gestalt und Herzen ein wahres Ungeheuer war.

Die Königinn wurde nun in einem festen Thurm in einer elenden Kammer eingesperrt, wo sie des Nachts auf einem schlechten Strohlager liegen, den ganzen Tag aber spinnen mußte, und nichts zu essen bekam, als ein Paar Händchen voll Erbsen, die in bloßem Wasser geweicht waren, und ein kleines Stücklein Brot.

Voll Ungeduld zu wissen, ob ein Knabe oder ein Mädchen zur Welt kommen würde, bat der böse König eine Fee zu Gaste, und ging mit ihr in den Thurm der kranken Königinn, um sich von ihr darüber Gewißheit geben zu lassen. Die Fee jammerte es, als sie die bleiche, kranke und schöne Frau auf ihrem Strohlager so sanft und geduldig liegen sah, und sprach ihr heimlich Trost und Muth zu; dem Könige