Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder 159.jpg

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speisen. Fange doch einige, und tödte sie, und wirf sie mir vom Thurme herab, so will ich dafür mich deines Kindes erbarmen.“

„O ich Unglückliche! Es ist nur ein einziges Mäuschen auf meiner Kammer, das ist so freundlich und zuthulich, und ist meine einzige Gesellschaft. Mein Herz würde mir brechen, wenn ich es tödten sollte!“

„So?“ sagte die Alte spöttisch. „Nun, wenn du deine Maus lieber hast, als dein Kind, so ist es mir auch recht; ich will schon noch Mäuse anderswo finden!“ Damit ging sie murrend davon.

Aber die Königinn war nun untröstlich, und sah das Essen nicht auf ihrem Tische, und das freundliche Mäuschen nicht, das in der Kammer umherspielte.

In der Nacht brachte die Königinn ein wunderschönes Kind zur Welt, welches ein Mädchen war. Sie küßte es mit tausend Thränen, und jammerte: „Ach, wer wird dir nun helfen, du kleiner, holder Engel? Ach, ich muß von dir scheiden!“

Sie legte das Kind in’s Körbchen, und band das Körbchen an’s Seil. Sie hatte einen Zettel mit zum Kinde gelegt, darauf stand, es sollte Thränenblüthe heißen, und sey ein sehr unglückliches Kind.

Als sie es nun wollte herablassen, und hatte es noch zuvor geküßt, kam die kleine Maus, und sprang zum Kinde in’s Körbchen. Da sprach die Königinn: „Ach, du liebes kleines Thier, du weißt nicht, wie viel du mir kostest. Vielleicht mein armes Kind! Ich sollte dich tödten, aber das konnte ich nicht über’s Herz bringen.“

Da that die Maus das kleine Spitzmaul auf, und fing an zu sprechen. Die Königinn aber erschrak gewaltig darüber, weil sie das gar nicht vermuthet hatte. „Wohl