Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder 162.jpg

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gekleidet, und dennoch sah es die herrlichen und glänzenden Sachen nicht einmal an.

Jetzt nun trat der Prinz Unhold zum Gänsemädchen, und sagte: „Nun ist’s hohe Zeit, du nichtswürdiges Ding; nimm mich und habe mich lieb, oder ich schlage dich todt!“ Das Mädchen aber hatte Herz, und antwortete dreist: „Wer kann dich denn lieb haben? Du bist ja gar nicht liebenswürdig, sondern abscheulich. Ja, an Deine häßliche Ungestalt wollte ich mich wohl noch gewöhnen, denn die hast Du Dir nicht selbst gegeben; aber Du bist auch so boshaft und grausam und tückisch. Darum will ich Dich nicht, und mag Dich nicht; schlage mich lieber nur todt, das ist viel besser für mich!“

Der Unhold wußte nicht, was er anfangen sollte, und ging fort. Die kleine Maus aber verwunderte sich über den Muth des Mädchens, noch mehr aber über seine außerordentliche, wunderherrliche Schönheit.

Am andern Morgen trat die Fee in der Gestalt einer Hirtinn zum Mädchen, als es die Gänse wieder hütete, und erkundigte sich nach Allem. Da erzählte die schöne Gänsemagd, daß sie Thränenblüthe heiße, und wäre der bösen Fee Gangrüne entlaufen, die sie immer gepeitscht und gequält hätte ohne Schuld, und nun wäre sie hier ein Gänsemädchen geworden, und wolle das lieber bleiben ihr Lebelang, als den garstigen, bösen Prinzen heirathen, oder sich lieber heut Abend in den finstern Thurm einsperren lassen, und darin bis zum Tode bleiben, wie der Prinz ihr gedrohet habe, wo sie ihn nicht noch heute zum Gemahl nähme.

„Ich weiß nun Alles,“ sagte die Hirtinn; „laß Dich nur einsperren, ich will Dir schon helfen.“

Thränenblüthe wurde eingesperrt; aber in derselben Nacht verwandelte sich die Fee in eine Maus, und biß den König jetzt in das eine und jetzt in das andere Ohr, daß