Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder 164.jpg

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25.
Die singende Puppe.

Es war einmal eine brave Frau, die hatte ein einziges Söhnchen, das hieß Tomy. Als sie nun auf dem Sterbebette lag, rief sie den achtjährigen Tomy zu sich, und sagte: „Höre, lieber Tomy, ich werde bald sterben; merke also wohl, was ich dir sage. Dort auf meiner Kommode steht eine Pappenschachtel, die trage, sobald ich todt bin, zu deiner Pathe, der guten Fee Klotilde. Sie wird sich deiner annehmen, und als Mutter an dir handeln; nur sey ihr ja recht gehorsam, mein Herzchen, und folge ihr auf den Wink.“

Das versprach Tomy unter vielen Thränen, denn er hatte die Mutter sehr lieb, und es that ihm weh, daß sie bald sterben würde.

Als nun die Mutter todt war, da nahm er die Schachtel auf den Kopf, und ging wehmüthig zu seiner Pathe, der Fee Klotilde, die in einem nahen Walde wohnte.

„Liebe Frau Pathe,“ sagte er, als er zu ihr in’s Zimmer getreten war, „meine Mutter ist so eben gestorben, und da soll ich dir diese Schachtel bringen.“

„Armer Tomy!“ sprach die Pathe, „du hast nun keine Aeltern mehr, und bist ganz verlassen. Ich will fortan deine Mutter seyn, dich ernähren und kleiden, und einen braven Mann aus dir machen, wie dein seliger Vater war. Versprichst du mir aber auch, recht folgsam zu seyn?“

„Ja, gewiß!“ versicherte Tomy.

„Eins aber muß ich dir ganz besonders anempfehlen,“ fuhr die Pathe fort, „das merke dir wohl. Du darfst nämlich keinem Menschen etwas von dem sagen, was du in meinem Hause siehst und hörst, Kinder dürfen überhaupt niemals aus dem Hause schwatzen. Verstehst du?“