Seite:Meier Volksmärchen aus Schwaben 028.jpg

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und schickte Abgesandte zum Könige und ließ seinen jüngsten Sohn zu sich entbieten, denn sie betrachtete ihn als ihren rechtmäßigen Gemahl. Da entstand groß Jammern und Wehklagen in der Stadt, weil der Prinz nicht wieder gekommen war. Der König aber schickte seinen ältesten Sohn hinaus, um mit der Prinzessin zu reden. Wie der nun ganz schüchtern neben der Scharlachdecke herritt, so ritt die Prinzessin mit eingelegter Lanze ihm entgegen und hieß ihn weichen und heimgehen. Dann kam der zweite und machte es ebenso wie sein Bruder, und ritt gar ängstlich neben der rothen Decke her. Die Prinzessin aber hielt ihm den Speer entgegen und befahl, daß der jüngste Prinz kommen sollte, wo nicht, so werde sie nach drei Tagen die Hauptstadt von allen Seiten anzünden laßen.

Nun schickte der König in alle Gegenden seines Reichs reitende Eilboten, die sollten den Prinzen aufsuchen und Erkundigungen über ihn einziehen. Das hörte auch der reiche Kaufmann, der den Prinzen als Pflegsohn angenommen hatte, und beredete ihn, daß er sogleich mit zur Hauptstadt reiste. Er sagte aber nicht, was er mit ihm im Sinn hatte. So wie sie nun in der Residenz angekommen waren, ließ der Kaufmann sich beim Könige melden und entdeckte ihm seine Vermuthung, daß sein Pflegsohn wohl der verlorene Sohn sein möchte. Da begleitete der König sogleich den Kaufmann in’s Wirthshaus, und da kannst du wohl denken, wie der alte Vater sich freute, als er seinen Sohn wieder sah und ihn umarmen und küssen konnte.

Am andern Morgen ritt nun der Prinz in königlichen

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_028.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)