Seite:Meier Volksmärchen aus Schwaben 040.jpg

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die Schwäne sich wieder anziehen wollten, hatte der eine nur noch sein Hemd, und kam sogleich als eine schöne Jungfrau zu dem Jäger, der ihren Rock hatte, und zog mit ihm in sein Haus und ward seine liebe Frau.

Ehe der Jäger jedoch den alten Mann verließ, sagte ihm derselbe noch: „Du mußt aber das Schwanenkleid sorgfältig vor Deiner Frau verbergen, daß sie es ja nicht wieder findet!“ Das that der Jäger denn auch und so lebte er fünfzehn Jahre lang mit seiner zweiten Frau und sie gebar ihm mehre Kinder, und beide Eheleute waren recht glücklich mit einander.

Da geschah es, daß der Mann eines Morgens ausgieng und zu seiner Frau sagte: „ich komme zum Mittagseßen wieder!“ Und als er fortgieng, sah die Frau ihm nach, und wie er nun im Walde war, gieng sie auf die Bühne, welche der Mann dießmal nicht verschloßen hatte, machte den Koffer auf, worin das Schwanenkleid lag, und zog es an und flog als Schwan wieder davon, weit weit weg. – Als der Mann nun zum Eßen kam, war die Frau verschwunden, und auch seine Kinder konnten nicht sagen, wo sie geblieben war, denn sie hatten nichts von ihr gesehen.

Da begab sich der Jäger wieder in den Wald zu dem alten Mann und klagte ihm sein Unglück, daß er abermals seine Frau verloren habe und nicht wiße, wo sie hingekommen sei. Da sagte der Mann: Du hast das Kleid nicht gehörig verwahrt; das hat sie gefunden und ist damit fortgeflogen.

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_040.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)