Seite:Meier Volksmärchen aus Schwaben 054.jpg

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er hingerichtet. Bevor ihm aber der Kopf mit dem Schwerte abgeschlagen wurde, sagte er noch: „die Sonne hat mich doch noch verrathen!“


14. Der Löwe, der Bär und die Schlange.

Es war ein Kaufmann, der reiste alle halbe Jahr durch einen Wald seiner Geschäfte wegen. Da gieng einmal nicht weit vor ihm her der Bediente des Königs und stürzte in eine tiefe Grube und konnte sich nicht wieder herausarbeiten. Als der Kaufmann herzukam, drehte er ein Seil und ließ das hinab und zog eine schwere Last herauf. Aber wie erschrak er, als er statt des Bedienten einen Löwen heraufgezogen hatte. Der sprach zu ihm: „Ich danke Dir, und hier hast Du auch Geld, daß Du mich befreit hast; ich war schon lange da unten. Der aber, für welchen Du das Seil gemacht hast, der ist nicht werth, daß Du ihn heraufziehst.“ – Indes ließ er doch noch einmal sein Seil hinab und zog etwas Schweres herauf, aber nicht den Bedienten des Königs, sondern einen Bären. Der bedankte sich ebenfalls und gab ihm Geld und sagte: „Der Löwe war mein nächster Nachbar. Der aber, für welchen Du das Seil gemacht hast, der ist nicht werth, daß Du ihn heraufziehst.“ – Als der Kaufmann nun zum dritten Male sein Seil hinunterließ, da zog er eine Schlange herauf, die gab ihm gleichfalls Geld und sagte, daß derjenige, für welchen er das Seil gedreht, es nicht verdiene,

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_054.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)