Seite:Meier Volksmärchen aus Schwaben 146.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

der Vater sie alle miteinander aus seinem Hause. Da kaufte Karl sich einen kleinen Kaufladen und richtete ein eigenes Handelsgeschäft ein, und die beiden Mädchen, die Schwestern waren, halfen ihm dabei; die jüngste besorgte den Haushalt, und die älteste und schönste wurde Ladenjungfer, und alle beide waren so sparsam und fleißig und sorgten so gut für ihren Herrn, daß er schon nach wenigen Jahren seinen Kaufladen bezahlen konnte und ein schuldenfreies Haus hatte.

Als Karls Vater dieß erfuhr, und hörte, wie Jedermann die beiden Mädchen so sehr lobte, da gedachte er sich selbst davon zu überzeugen und verkleidete sich und gieng eines Morgens, als sein Sohn gerade ausgegangen war, in den Laden, um ein Stück Tuch zu kaufen. Die Ladenjungfer legte ihm allerlei Proben vor; allein er handelte so genau und das Mädchen, das ihn nicht erkannte, hielt dagegen so fest an dem geforderten Preise, indem sie sagte, sie dürfe ohne den Willen ihres Herrn das Tuch nicht billiger hergeben, daß der Mann, ohne etwas zu kaufen, wieder fortgieng. Für sich aber dachte er: „das muß doch ein ordentliches Mädchen sein; die ist gehörig auf den Vortheil meines Sohnes bedacht.“ Und dann nahm er sich vor, daß er sich mit seinem Sohne wieder aussöhnen und ihn wieder unterstützen wollte, ließ ihn deshalb zu sich rufen und sagte zu ihm: „Es ist nicht länger gut, daß Du so allein und ledig Dein Geschäft führst; nimm Dir eine Frau, und ich will Dir Geld geben, daß Du deinen Handel größer und freier einrichten kannst!“ „Wenn ich einmal heirathen werde, sagte

Empfohlene Zitierweise:
Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_146.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)