Seite:Merckwürdige Nachricht aus Ost-Indien 14.jpg

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Vierter Brieff,

[vom 16. September 1706]

Von der Malabarischen Sprache.
Im HErrn Werthgeschätzter Gönner und Freund!

WIe ich Demselben von den Malabarischen Götzen im vorhergehenden Briefe einige Nachricht gegeben; so wil ich nunmehro auch etwas alhier von ihrer und der Portugisischen Sprache gedencken, deren wir uns bißhero hauptsächlich beflissen haben, selbige für das jenige Mittel erkennende, wodurch unserm Amte gegen die Heyden ein Genügen geschehen könne. Wir funden aber in der Portugisischen Sprache anfänglich grosse Difficultäten, indem wir so gantz keinen Menschen bekommen konten, der uns darinnen einige Anleitung geben wollen, und auff dem Schiffe hatten wir gleichfalls zu deren Erlernung keine Gelegenheit. Uber dis funden wir auch einen sehr grossen Unterscheid unter dem gemeinen, welches von vielen Heyden alhier geredet wird, und unter dem Vater-Ländischen Portugisischen: Erkenneten dahero nöthig zu seyn, daß wir uns erst dieses letztern in seinen Fundamenten recht bekant macheten, und alsdann nachmahls uns darinnen nach der gemeinen Redens-Art bequemeten. Hierzu muste uns GOtt wunderbarlich das Neue Testament im väterlichen Portugisischen zuweisen, desgleichen auch eine Grammatica, welche aber nur für diejenigen gemachet ist, die da unter den Portugisen Latein lernen wollen. Durch das tägliche Lesen dieser zwey Bücher, und durch das stete Reden und Hören sind wir nunmehro darinnen so weit gekommen, daß wir schon ziemlicher massen fertig mit denen Heyden catechesiren können; und gedencken in kurtzem einen summarischen Innhalt der Heiligen Schrifft und der gantzen Christlichen Lehre zu verfertigen in dieser Sprache, und nachmals auch in die Malabarische zu translatiren; Welche Sprache aber weit grössere Schwürigkeit hat, als jene, also, daß wir erst Bedencken trugen, ob es wohl rathsam wäre, daß man seine Zeit darauff wende; zumahl weil die Portugisische uns anitzo schon zulänglich sey, und wir gegen diejenigen Heyden, so solche nicht verstehen, an meinem Diener einen guten Interpretem haben; über dis auch nicht mehr, als 3 Jahr, allhier zu verbleiben gesonnen wären. Hierbey wurde endlich dieser Ausschlag gemachet, daß sich einer von uns resolviren müsse, entweder beständig, oder doch eine lange Zeit alhier zu verbleiben, damit er sich hauptsächlich auff diese Sprache legen, und selbige nachmahls auch gebrauchen könte. Wir wurffen demnach das Loß unter uns, da es denn auff Herrn Heinrich Plütschau fiel, der sich gantz willig dazu bequemete, und nunmehro desto fleißiger in der Malabarischen Sprache sich finden lässet; Ich aber, ob ich gleich mich dessen auch etwan des Tages etliche Stunden zu befleißigen suche; werde ich doch fürnemlich diejenige Zeit, die er an die Erlernung der Sprache wendet, mit Auffsetzung unserer Christlichen Lehre in der Portugisischen

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Bartholomäus Ziegenbalg, Heinrich Plütscho: Merckwürdige Nachricht aus Ost-Indien. Joh. Christoph Papen, Leipzig, Frankfurt am Main, Berlin 1708, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Merckw%C3%BCrdige_Nachricht_aus_Ost-Indien_14.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2023)