Seite:Merckwürdige Nachricht aus Ost-Indien 19.jpg

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wil, und nicht der Oberste in seiner Familie ist, von allen seinen Gütern und von seiner gantzen Freundschaft excommuniciret, also daß er alsdann nicht mehr in ihre Häuser kommen darff, und von ihnen als der allerverachteste und unglückseligste Mensch gehalten wird. Dieses sind lauter solche Dinge, die ihre Bekehrung sehr hindern und fast das Ansehen geben, als solte man wenig unter ihnen ausrichten können: wie wir denn auch anfänglich von den Christen allhier dißfalls sehr kleingläubig gemachet wurden; und selbsten von dem Herrn N. N. hören musten, daß, ob wir gleich einige Zeit über etwas bauen solten, würde solches doch auff einmahl wieder niedergerissen werden, indem er uns gewiß propheceien wolte, daß in zehn Jahren die gantze Stadt mit der See würde überschwemmet werden: Wir aber sehen dergleichen Einwürffe der Vernunfft nicht an, und sind bißher nur desto getroster gewesen, an diesem Wercke mit Ringen, Bethen und Flehen für GOtt zu arbeiten, je weniger Trost, Hülffe und Beystand wir von Menschen haben bekommen können. Und da wir sehen, daß uns GOtt diese wenige Zeit über nicht ohne Segen hat zubringen lassen, indem beides unter Christen, als auch Heiden, eine starcke Bewegung vorgegangen ist, also daß jederman auff unser Leben und Umgang seine Augen gerichtet hat, und dadurch fast mehr zu lernen scheinet, als wenn wir täglich unter ihnen eine Predigt thäten: so haben wir ferner das Vertrauen zu GOtt, und sind versichert, daß er uns auch künfftig hin zu einem unsträfflichen Wandel Gnade geben, und uns keinen Tag ohne Segen und Erbauung werde zubringen lassen. Zumahl da wir wissen, daß so viel hundert glaubige Seelen GOtt um die Verherrlichung seines Nahmens, und also auch um Beförderung dieses Wercks, hertzlich anruffen. Und ob wir auch gnugsam vorhero schon sehen können, daß wir um deßwillen so wohl von den falschen Christen, als auch Heiden hefftig werden verfolget werden; so möchte dieses doch nur vielleicht zu unserm Besten dienen, und solches Werck desto mehr befördern helffen; Also daß wir uns dessen mehr werden zu freuen, als zu betrüben haben. GOtt erhalte uns nur in der jenigen Freudigkeit, die er uns geschencket, daß wir diejenige Zeit, so er uns allhier zu leben vergönnet, recht wohl zur Verherrlichung seines Namens anwenden können, und rechtschaffene Zeugen seiner Warheit seyn mögen. Wie ich denn gewiß versichert bin, daß er warhafftig allhier unter den Heiden durch unser Amt wird gepriesen werden, wo nicht durch ihre gäntzliche Bekehrung; dennoch darinnen, daß ihnen seine Gnade zu ihrem Heil ernstlich sey angebothen worden: Wie wir denn mit allen Fleiß dahin trachten, daß um deßwillen in kurtzen die gantze Christliche Lehre und die allgemeine Ordnung unserer Seeligkeit erstlich in der Portugiesischen Sprache möchte auffgesetzet, und nachmahls in ihre Malabarische translatiret werden. Und wenn wir es alsdann für nöthig erkennen, daß ihnen auch zugleich die Falschheit ihres weges schrifftlich müsse demonstriret werden, könte solches ebenfalls solcher gestalt geschehen; Weswegen ich mir auch anjetzo die Historien ihrer Götter abschreiben lasse, und stets mit etlichen dißfalls conferire. Wir haben auch in unserm Hause eine kleine Schule angefangen, und sind bemühet, daß immer nach und nach mehrere Knaben von den Malabaren angeschaffet, und nebst äusserlichem Unterhalt, fleißig so wohl in ihrer, als auch unserer Sprache, sonderlich aber

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Bartholomäus Ziegenbalg, Heinrich Plütscho: Merckwürdige Nachricht aus Ost-Indien. Joh. Christoph Papen, Leipzig, Frankfurt am Main, Berlin 1708, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Merckw%C3%BCrdige_Nachricht_aus_Ost-Indien_19.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2023)