Seite:Merckwürdige Nachricht aus Ost-Indien 23.jpg

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Gute, und straffe das Böse, und diesen GOTT suche er immer mehr und mehr zu erkennen; solche Wahrheit würde ihm niemand ausreden können. Nachdem wurde er wieder gefraget: Ob er denn die Malabarische Abgötter für wahre Götter erkennete, und ihnen göttliche Ehre erweise? Nein, antwortete er: Ein Mensch könte kein GOtt seyn, vielweniger Götter machen; und er wüste gnugsam, daß die Malabaren nicht den rechten Weg hätten des zukünfftigen Lebens: Was er hievon erkennete, das verstünden andere seines gleichen sehr wenige. Dahero er auch niemand etwas anjetzo davon sagen wolte, weil sie ihn für einen Lügner ausgeben und ihm allerley Leid anthun würden. Ich ließ ihn abermal fragen: Was er von Christo JEsu hielte und dem Christenthum? Er sagte: Ich bin hierinnen noch nicht recht gründlich unterrichtet, und kan nicht wohl viel anjetzo davon sagen; begehre aber solches immer weiter zu hören, und darinnen besser gelehret zu werden. Er wurde abermahl gefragt: Ob er alsdenn um der ewigen Seeligkeit willen, welche ihm lieblich vorgestellet wurde, lieber alles verleugnen, und von seiner Freundschafft excommuniciret werden wolte, als bey diesem Erkäntniß ewig verlohren gehen? Hierauff gab er sehr gute rationes, warum solches anjetzo noch nicht geschehen könte; nemlich er begehrete erst in seinem Hertzen alles dessen völlig überzeuget zu werden, was die Christen glaubeten und für wahr erkenneten: sintemal es ein grosses Auffsehen unter den Malabaren machen würde, wenn er sich schon itzo tauffen liesse; dahero wolte er es so lange anstehen lassen, biß er nachmahls ihnen insgesamt die Ursache dessen anzeigen, und diejenige Warheit, die er annehme, beweisen könte. Er erzehlete hierauff seine wunderbare Führunge GOttes, wie er ehemahls an Halse, Händen und Füssen in lauter güldenen Ketten gegangen wäre, und nunmehro anderen dienen müste, da er selbsten vorhin eine grosse Menge Sclaven hinter sich gehen gehabt: jedoch wäre er bey diesen allen vergnüget, weil es ihm zu vielen Guten dienen müssen, und weil er auch wüste, daß der Mensch nichts auff die Welt brächte, noch etwas in seinem Tode wieder mit sich nehme, ohne allein seine Seele, und das Gute, das er in der Welt gethan hätte. Darauff wurde ihm das Exempel Josephs aus dem ersten Buch Mosis erzehlet, wie wunderbar ihn GOtt geführet hätte, also, daß es offt geschienen, als wäre er gäntzlich dem Verderben übergeben, aber doch endlich nachmals herrlich von GOtt erhöhet worden. Dahero solte er GOtt vertrauen, und von nun an anfangen, ihn recht zu fürchten, sonderlich aber sich mit dem himmlischen Joseph, Christo JEsu, recht bekant machen, so würde er jederzeit von GOtt auch dem Leibe nach nothdürfftig unterhalten werden, etc. Den 30. Julii gieng ich mit ihm gantz alleine auffs Land spatziren, und hatte viele gute Gespräch mit ihm: unter andern fragte ich: Ob die Malabaren die Sonne, welche uns dazumal gleich sehr lieblich anschiene, als einen Gott venerireten, er sagte ja, aber er erkennete sie nur für ein Geschöpff des Grossen GOttes, und sprach: Gleichwie ich weiß, daß dieser Weg, darauff wir anjetzo gehen, recht; hingegen aber alle Neben-Wege, in Ansehung des jenigen Orts, da wir hingegen wollen, falsch seyn; also bin ich versichert, daß

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Bartholomäus Ziegenbalg, Heinrich Plütscho: Merckwürdige Nachricht aus Ost-Indien. Joh. Christoph Papen, Leipzig, Frankfurt am Main, Berlin 1708, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Merckw%C3%BCrdige_Nachricht_aus_Ost-Indien_23.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2023)