Seite:Merckwürdige Nachricht aus Ost-Indien 25.jpg

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nöthig wäre, weil ja diejenigen, die da selbige empfangen hätten, verdammet würden? Ob dem lieben GOtt die Schwartzen, wenn sie Christen würden, eben so lieb und angenehm wären, als die Weissen? Was es mit der Lehre und dem Leben Christi für eine Bewandniß habe, etc. Von diesen und dergleichen mehr haben wir ihn theils selbst unterrichtet, theils auch, in Ermangelung dieser und jener Portugiesischen Wörter, durch einen Interpretem unterweisen lassen. Anjetzo aber hat er durch die tägliche Übung so viel Teutsch gelernet, und wir so viel Portugiesisch, daß er uns, und wir ihn, in allen Dingen wohl verstehen, und gegen die Malabaren schon als unsern Interpretem gebrauchen können. Er ist 5. Jahr in ihren Schulen gewesen, und hat ziemlicher massen ihre Theologie und Philosophie nebst Rechnen und Schreiben gelernet. Damit er aber in allen recht perfectioniret würde, und uns in unserm Amte durch Translatiren und andern Handlungen gute Dienste thun könte; so halte ich ihm anjetzo einen eigenen Schulmeister in unserm Hause, welcher den gantzen Tag mit ihme zu thun hat. Er kostet mir zwar viel Geld, jedoch, weil er so gar grosse Lust hat, mit mir nach dem Vaterlande zu gehen, und stets bey mir zu verbleiben; so gedencke ich, daß er alsdenn, wenn er recht fertig Deutsch gelernet hat, in Europa eben so wohl seinem Volcke gute Dienste thun kan, als hier, durch stetes Zuschreiben, und durch Verfertigung Malabarischer Bücher vom wahren Christenthum. Nebst ihm haben wir noch zwey andere Diener, die sich gleichfalls resolviret haben, Christen zu werden. Des einen Eltern aber wollen es nicht zugeben, und wiewol er willens ist, sie gäntzlich zu verlassen, und uns dafür anzunehmen, so haben wir doch bis daher noch kein solches Auffsehen unter den Malabaren machen wollen, als dadurch sie auff einmal von uns möchten abgeschrecket werden. Es kam gestern Abend eine Frau zu uns, und beschenckte uns, mit ihrem Malabarischen Confecte aus grosser Liebe gegen uns; Und als wir sagten, daß wir in jener Welt erst die besten Gaben Gottes, oder den rechten Confect über GOttes Tisch zu essen bekommen würden: so bat sie uns, wir möchten doch für sie bitten, daß sie auch alsdenn bey uns seyn, und dergleichen geniessen könte. Wir redeten sonst mit ihr noch viel gutes, also, daß sie dadurch sehr bewogen wurde, und unsere Sclavin zu seyn sich erboth, unerachtet sie von Fürstlichem Geschlechte ist. GOtt wolle ihre Seele zum Gehorsam des Glaubens bringen, und unter den Erstlingen eine seyn lassen. Unser Gerücht ist schon fast allenthalben im Lande erschollen, und kan auch dem Könige Tranjou nicht mehr verborgen seyn, sintemal uns den 6. Augusti einer von seinen Bedienten zusprach, und als er durch Gespräch, vermittelst eines Dolmetschers, sehr contentiret wurde, fragte er uns, ob wir nicht Lust hätten das Land zu beschauen, er wolte uns 30. Soldaten schicken, die uns sicher geleiten solten; er wolle auch unsert wegen an den König einen Brieff schreiben, damit wir mit ihm in gute Bekantschafft kommen könten. Im übrigen ist zu diesem heilsamen Wercke, das Evangelium unter den Heiden fortzupflantzen, nechst der Gnade GOttes, eusserlich nichts nöthiger und dienlicher, als ein mit der Lehr übereinkommendes unsträffliches Leben, und ein Vorschub von zeitlichen Mitteln zu allerhand guten Anstalten. Wir werden Ihro

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Bartholomäus Ziegenbalg, Heinrich Plütscho: Merckwürdige Nachricht aus Ost-Indien. Joh. Christoph Papen, Leipzig, Frankfurt am Main, Berlin 1708, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Merckw%C3%BCrdige_Nachricht_aus_Ost-Indien_25.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2023)