Seite:Merckwürdige Nachricht aus Ost-Indien 27.jpg

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End-Zwecks einsehen können, wozu wir eigentlich von Ihro Königlichen Majestät zu Dennemarck hieher gesendet worden: so hab ich diese grosse Gnade[1] GOttes unter andern auch demselben nicht verschweigen sollen sondern Ihm hiermit eine Gelegenheit, GOtt nebst uns zu preisen, geben wollen; in Hoffnung, daß zugleich auch andere wehrte Gönner und lieben Freunde daselbsten, sich zum Lobe GOttes hiedurch werden auffmuntern lassen. Wir wurden anfänglich recht niedergeschlagen, und funden, daß alles schon durch das ärgerliche Leben der Christen unter diesen Heiden verderbet worden sey; Uber diß konten wir auch gnugsam verspühren, daß unsere Ankunfft den meisten unter denen Christen, wegen unsers Vornehmens, theils gantz lächerlich vorkam, theils aber ihnen gantz zu wieder war; aber, diesen allen ungeacht, hielten wir doch beständig an im Bitten und flehen bey GOtt, daß selbiger uns eine Thüre öffnen möchte, und sich desto inniger mit seiner Gnade zu uns halten, je weniger Beystand wir von Menschen zu hoffen hätten. Hierauff ließ uns GOtt durch ein Exempel kräfftig getröstet und zugleich versichert werden, daß er sich durch uns allhier unter den Heyden nicht unbezeuget lassen wolle. So bald als wir allhier angelanget, kam ein junger Malabarischer Mensch auff unser Schiff, und fragte uns, ob wir ihn zu unsern Diener annehmen wolten. Wir erkenneten solches für eine Schickung Gottes, und nahmen ihn alsbald zu unsern Diener an. Dieser, nachdem er 8 Tage um uns gewesen und unsern Wandel gesehen hatte, fragte er, ob er nicht beständig bey uns bleiben könte, und dermaleinst auch zugleich mit nach Europa gehen. Wir sagten, daß wir solches wol thun wolten, wenn er sich resolvirte, ein Christ zu werden, und die Teutsche Sprache zu lernen. Hierzu war er gantz willig, verlangte aber vorhero im Christenthum wohl unterrichtet zu werden. Ein mehrers kan Derselbe kürtzlich aus denjenigen Brieffen ersehen, die ich hiervon nach Berlin geschrieben habe; wie er denn auch von vielen andern Umständen von dannen gute Nachricht erhalten wird. Wir hatten alle Tage starcken Zuspruch von denen Heyden, konten aber annoch sehr wenig mit ihnen reden, weil wir uns auff dem Schiffe keiner andern als nur der Dänischen Sprache befleißigen können. Weßwegen wir gleich anfänglich unsere meiste Zeit in Erlernung der Portugiesischen Sprache zubrachten, bis wir endlich nunmehro darinnen schon so weit gekommen sind, daß wir alles darinnen reden, und schrifftlich auffsetzen können, was da zur Beförderung unsers Amtes gereichen möchte. Nachdem haben wir auch die Malabarische Sprache angefangen; wozu wir einen eigenen Schulmeister mit einer kleinen Schule in unserm Hause halten, und hoffen durch die Gnade GOttes gleichfalls darinnen gute Progressen zu thun; haben auch schon eine kleine Instruction von dem Christenthum nebst dem Vater Unser und einem Gebeth um wahre Bekehrung erstlich ins Portugisische auffgesetzet, und nachmals in diese translatiren lassen: welches ich hiemit überschicken wollen. Hierbey haben wir fast täglich Gelegenheit gehabt, diesen Heyden auch mündlich das Evangelium zu verkündigen, wo nicht zu ihrer Bekehrung, dennoch zum Zeugniß, daß ihnen GOtt seine Gnade angebothen hat. Solcher gestalt ist diese kurtze Zeit über

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Bartholomäus Ziegenbalg, Heinrich Plütscho: Merckwürdige Nachricht aus Ost-Indien. Joh. Christoph Papen, Leipzig, Frankfurt am Main, Berlin 1708, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Merckw%C3%BCrdige_Nachricht_aus_Ost-Indien_27.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2023)
  1. Guade Vorlage