Seite:Meyers b17 s0774.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17

Bestimmung des Fuselöls benutzt Röse das Verhalten des Chloroforms beim Schütteln einer gewissen Menge desselben mit einer bestimmten Menge verdünnten S., um eine konstante Volumzunahme zu erfahren, deren Größe von der Temperatur, dem Mengenverhältnis und der Konzentration des Alkohols abhängig ist, aber bedeutend wächst, wenn die Flüssigkeit höhere Homologe des Äthylalkohols enthält. Diese Methode, von Stutzer und Reitmair verbessert, gibt bei Ausführung in einem von Röse angegebenen und von Herzfeld verbesserten Apparat sehr genaue Resultate. Bei der kapillarimetrischen Methode von Traube benutzt man die Thatsache, daß in den homologen Reihen organischer Verbindungen die höhern Homologen in einem kapillaren Rohr eine geringere Steighöhe zeigen als die niedern Glieder. Bei größerm Extrakt- und Zuckergehalt des Branntweins wird ein Destillat hergestellt und dies auf eine bestimmte Stärke gebracht. Auf wesentlich gleicher Grundlage beruht die stalagmometrische Methode von Traube, bei der man die Tropfen zählt, welche der auf eine bestimmte Stärke gebrachte Branntwein beim Ausfließen aus einem besondern Apparat, dem Stalagmometer, bildet. Die Rösesche Methode, welche den Vorzug verdient, gestattet die Bestimmung von 0,01 Volumprozent Fuselölgehalt mit vollkommener Sicherheit. Kornschnaps wird mit Schwefelsäure versetzt, um das Perlen zu verstärken. Durch die saure Reaktion und die Trübung des entgeisteten Rückstandes mit Chlorbaryum ist die Schwefelsäure leicht nachzuweisen. Zur Färbung von Likören dienen höchst selten giftige Farbstoffe. Von Teerfarben kommt wohl nur Fuchsin zur Verwendung, welches wie im Weine nachgewiesen wird. Ebenso bestimmt man Alkohol- und Extraktgehalt des Branntweins wie bei Wein oder Bier. Kognak, Rum und Arrak werden sehr häufig gefälscht, nur ein geringer Bruchteil der im Handel vorkommenden Ware ist rein. Meist wird aber Geruch und Geschmack über die Beschaffenheit der Ware entscheiden müssen. Kognak und Arrak hinterlassen 0,2–0,6 Proz. Verdampfungsrückstand, welcher bitterlich zusammenziehend, aromatisch, bisweilen schwach säuerlich schmeckt. Vanille gibt sich durch den Geruch, Zuckerkouleur durch das Aufblähen des Rückstandes beim Erhitzen zu erkennen. Beim Schütteln mit frischem Eiweiß entfärbt sich echte Ware. Zuckerkouleur bleibt gelöst. Rum pflegt bis 1,2 Proz. Abdampfungsrückstand zu geben. Mischt man 10 ccm echten Rum mit 4 ccm Schwefelsäure vom spez. Gew. 1,84, so zeigt er sein Aroma noch nach 24 Stunden, während künstlicher Rum das Aroma verliert. Bei nur 10 Proz. echtem Rum erkennt man noch dessen Aroma. Schichtet man Kognak auf dem gleichen Volumen konzentrierte Schwefelsäure, so entsteht bei Gegenwart von Runkelrübenspiritus eine rosenrote Zone. Vgl. Sell, Über Branntwein (Berl. 1888).

 Spitzer, 9) Emanuel, ungar. Maler, geb. 3. Okt. 1844 zu Papa in Ungarn, bildete sich zu Paris und München, meist ohne Lehrer, aus und machte sich zuerst, nachdem er mit kleinern Genrebildern aufgetreten, im J. 1883 mit einem figurenreichen Gemälde: der avisierte Bahnunfall, bekannt, welches jedoch mehr durch die glückliche Wahl des sensationell wirkenden Motivs als durch künstlerische Vorzüge fesselte. In seinen spätern Werken: Mama hat das Tanzen erlaubt, und die Lehrerin kommt! gesellte sich zu der originellen Erfindung noch ein feiner Humor, welcher auch in dem Genrebild: ein Vertrauensposten (1889) zum Ausdruck kam. S. lebt in München.

 Spyri, Johanna, Schriftstellerin, geb. 12. Juni 1827 als die Tochter des Arztes Heusser und einer poetisch begabten Mutter in dem Dorf Hirzel bei Zürich, verheiratete sich 1852 mit dem Rechtsanwalt S. in Zürich und veröffentlichte ihre frühste Erzählung: „Ein Blatt auf Vronys Grab“, erst 1871 (4. Aufl., Brem. 1883), trat auch erst mehrere Jahre später, und nachdem eine Reihe ihrer „Geschichten für Kinder und auch solche, welche Kinder liebhaben“ (Gotha 1879–89), Beifall in weitern Kreisen gefunden, mit ihrem Namen vor die Öffentlichkeit. Die Erzählungen Johanna Spyris, obschon durch einen Hauch echter Frömmigkeit erwärmt, gehören nicht zur frommen Litteratur im engen Sinn des Wortes, zeichnen sich vielmehr durch ungemeine Lebensfülle, feine Beobachtung und liebenswürdigen Humor vor der Mehrzahl der Erzählungen dieser Richtung aus. Sie führen die Einzeltitel: „Heimatlos“, „Aus Nah und Fern“, „Heidis Lehr- und Wanderjahre“, „Im Rhônethal“, „Aus unserm Lande“, „Onkel Titus“, „Kurze Geschichten“, „Gritli“, „Verschollen, nicht vergessen“, „Arthur und Squirrel“, „Aus den Schweizer Bergen“ etc. und sind zum Teil in mehrfachen Auflagen erschienen und ins Französische, Englische und Italienische übersetzt.

 Stachys L. (Ziest), Gattung aus der Familie der Labiaten, einjährige Kräuter oder Stauden mit vierkantigem Stengel, gegenständigen Blättern, röhrig-glockenförmigem Kelch mit helmförmiger Oberlippe und mit verkehrt-eiförmigen Teilfrüchtchen. S. recta L. (aufrechter Z.), bis 0,7 m hoch, mit anliegend behaartem Stengel und Blättern, länglich-lanzettlichen, gesägten Blättern und gelben, violett gestreiften und punktierten Blüten, auf Sand- und Steinboden, liefert in den Blättern ein beliebtes Hausmittel (Herba Sideritidis), welches wie die Wurzel auch gegen Hexerei benutzt wird (Berufkraut). Im Altertum stand es als Heilmittel für alle Eisenwunden in hohem Ansehen, und Soldaten wie Gladiatoren führten es stets bei sich. S. palustris L. (Sumpfziest), bis 1 m hoch, mit steifhaarigem Stengel, länglichen bis lanzettlichen, kerbig gesägten Blättern und purpurnen, weiß liniierten, außen weichhaarigen Blüten, an Gewässern, auf Wiesen und Ackerrändern, wird in England als Gemüsepflanze kultiviert. Die Wurzeln und die keulenförmig verdickten Wurzelausläufer liefern im Dezember und Januar eine spargelähnliche Speise. Aus den getrockneten und gemahlenen Knollen soll man nach Withering Brot backen können. S. tuberifera Naud, aus China und Japan, besitzt ebenfalls verdickte Ausläufer und wird seit 1887 in Crosnes (Frankreich) im großen kultiviert. Die Knollen, unter dem Namen Crosnes auf den Markt gebracht, sind klein und halten sich außerhalb der Erde nicht lange. Sie schmecken den Maronen ähnlich, enthalten 17,8 Stärke, 4,3 Eiweißkörper, 0,55 Fett, 1,34 Holzfaser, 1,8 Salze und dürften, da diese Pflanze vollkommen hart ist, als feineres Gemüse auch wohl in Deutschland bald größere Bedeutung gewinnen.

 Stade, Bernhard, protest. Theolog, geb. 11. Mai 1848 zu Arnstadt, studierte in Leipzig und Berlin, wurde 1871 Beamter an der Universitätsbibliothek zu Leipzig, habilitierte sich 1873 daselbst an der theologischen Fakultät und folgte 1875 einem Ruf als ordentlicher Professor nach Gießen. Er schrieb: „De Isaiae vaticiniis aethiopicis diatribe“ (Leipz. 1873); „Über die alttestamentlichen Vorstellungen vom Zustand nach dem Tod“ (das. 1877); „Lehrbuch der hebräischen Grammatik“ (das. 1879, Bd. 1); „Geschichte

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 770. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0774.jpg&oldid=- (Version vom 20.5.2021)