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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17

Nachweisung einer Saucierung benutzt man die Bestimmung des Zuckergehalts. Man kocht den T. mit Wasser, fällt das Filtrat mit Bleiessig, filtriert, entbleit mit Schwefelwasserstoff, filtriert, verdampft und titriert die eine Hälfte der Flüssigkeit sofort, die andre nach Invertierung mit Fehlingscher Lösung. Beträchtlicher Zuckergehalt beweist stets die stattgehabte Saucierung, Abwesenheit des Zuckers gestattet nur, mit Wahrscheinlichkeit zu behaupten, daß der T. nicht sauciert worden sei. Die Bestimmung des Extraktgehalts läßt erkennen, ob schwere Tabakssorten extrahiert worden sind. T., welcher weniger als 35 Proz. wasserlösliche Extraktivstoffe enthält und sehr wenig Asche, besonders mit wenig Kali und Kalk, gibt, kann als ausgelaugt betrachtet werden. Zigarren werden häufig gefärbt und pflegen dann an ein mit Wasser oder verdünntem Alkohol befeuchtetes Stück Fließpapier beim Reiben Farbstoff abzugeben. Man benutzt meist harmlose Farbstoffe, gegen deren Verwendung wenig einzuwenden ist. Schneidetabak unterliegt viel mehr der Verfälschung als die Zigarre, weil solche hier viel schwerer nachweisbar ist; namentlich wird auch der Schneidetabak geschwefelt, mit Kurkuma oder Ocker gefärbt. In noch höherm Grad gilt dies für Schnupftabak, bei welchem die Untersuchungen auf fremde Blätter etc. meist resultatlos bleiben dürften. Extrahiert man ihn vollständig mit Wasser, so kann man mit Lupe und Mikroskop mancherlei Beimengungen erkennen. Wichtig ist der Nachweis von Blei und Zinn (aus bleihaltiger Verpackung stammend), den man in der Asche nach den üblichen Methoden führt.

Hygienisches. Die narkotischen Eigenschaften des Tabaks kann man an heißen Sommertagen bereits an einem mit T. bepflanzten Feld wahrnehmen, wo die Schleimhäute der Nase und der Augen empfindlich gereizt werden. Stärker geschieht dies beim Aufreihen der Blätter und bei der Fermentation in den Lagerräumen. Hier entweichen mit den Wasserdämpfen Nikotin, Nikotianin nebst scharfen, flüchtigen Zersetzungsprodukten, und Neulinge werden von Husten, Schwindel, Betäubung und Ohnmacht befallen. Diese Erscheinungen verschwinden schnell an frischer Luft. Bei anhaltender Beschäftigung in Tabaksfabriken beobachtet man oft Reizung der Schleimhäute des Rachens und der Nase, Erbrechen, Verlangsamung des Pulses, Zittern, Kopfschmerz, Ohrensausen, Magen- und Darmkatarrhe, blasse, gelbe Hautfarbe. Diese Einwirkungen sind auf die Einatmung der flüchtigen Stoffe zurückzuführen, während der Tabaksstaub, der bei vielen Arbeiten entsteht, wohl nur mechanisch schädlich wirkt. Die Arbeitsräume müssen daher groß und geräumig und mit guter Ventilation versehen sein, aber gerade in dieser Industrie lassen die hygienischen Verhältnisse noch sehr viel zu wünschen übrig. Auch das Zusammenarbeiten von Arbeitern und Arbeiterinnen gibt zu berechtigten Klagen Veranlassung, und da die Tabaksfabrikation häufig als Hausindustrie betrieben wird, so kommen auch alle Nachteile einer solchen in Betracht. Die Verhältnisse sind in mancher Hinsicht ungünstiger, als es der Natur des Betriebs entspricht, denn da die Tabaksarbeiter keiner großen physischen Kraft bedürfen, so wird diese Beschäftigung vorzugsweise von schwächlichen oder mit Krankheitsanlagen behafteten Personen, von jugendlichen Arbeitern und Frauenzimmern gesucht, zumal sie verhältnismäßig gut bezahlt wird. Enges Zusammensitzen in schlecht ventilierten Räumen, Unsauberkeit, geschlechtliche Exzesse und andre Ausschweifungen wirken dann höchst nachteilig auf diese wenig widerstandsfähigen Leute.

 Tabaxir (pers. Tabaschir, engl. Tabasheer, Bambuskampfer, Bambuszucker), eine zuerst von Avicenna beschriebene, im Mittelalter als Arzneimittel mit Silber aufgewogene Konkretion, die sich in den Hohlräumen zwischen den Knoten des Bambusrohrs mancher Gegenden bildet, namentlich in Indien. Es sind unregelmäßige, rundlich-eckige Körnchen, bis zu Erbsengröße, von weißer, gelblicher und bräunlicher Farbe, opalartig durchscheinend, die wesentlich aus amorpher Kieselsäure mit 5–13 Proz. Wasser (nebst Spuren von Eisenoxyd, Kalk und Kali) bestehen. Als Arzneimittel spielt der T. heute nur noch in der chinesischen und arabischen Heilkunde eine Rolle, interessanter aber ist er durch seine in neuerer Zeit vielbesprochene Entstehungsweise und seine physikalischen Eigenschaften. Da man ihn nur in manchen Bambusrohren findet, so hielten ihn Brewster u. a. für ein pathologisches Erzeugnis der Pflanze; es darf aber durch die neuern Untersuchungen von Guibourt und Cecil als ausgemacht gelten, daß er nur ein Erzeugnis periodisch verlangsamten Wachstums ist. In den Hohlräumen des Bambushalmes sammelt sich nämlich eine fade, süßlich schmeckende Flüssigkeit, die mitunter das Internodium bis zu drei Vierteln seines Hohlraums erfüllt und reich an Kieselsäure ist. Es scheint, daß diese Flüssigkeit die Rolle eines Speicherstoffes spielt, welcher den Halm in seinen nachwachsenden Teilen mit dem Kieselsäurematerial versieht, die er in verhältnismäßig großen Massen, wie alle Grashalme, enthält und vielleicht zu seiner Festigung und vermehrten Tragfähigkeit bedarf. Bleibt nun das Wachstum periodisch zurück, so trocknet dieser Saft ein, und es entsteht der T., welcher nach Zusammensetzung und physikalischer Beschaffenheit die größte Ähnlichkeit mit Opal darbietet und der Vermutung Raum gibt, daß dieser geschätzte Edelstein in ähnlicher Weise entstanden sein könnte. Ähnlich manchen gleichartig zusammengesetzten Halbedelsteinen wird auch der T. im Wasser durchsichtig und durch Trocknen wieder undurchsichtig, was auf feine Poren schließen läßt, die indessen Judd selbst mit den stärksten Mikroskopen nicht entdecken konnte. Merkwürdig ist, daß der T. den kleinsten Brechungsindex unter allen bekannten festen Stoffen besitzt, er beträgt 1,11–1,18, im Vergleich mit Luft (= 1,00). Gleich dem Opal verhält er sich gegen polarisiertes Licht völlig isotrop, d. h. nicht drehend. Vgl. Huth, Der T. in seiner Bedeutung für die Botanik, Chemie und Physik (Berl. 1887).

 Tagliana (spr. taljāna), Emilie, Sängerin, geb. 1854 zu Mailand, wurde hier erst auf dem Konservatorium, dann bei Professor Lamperti in der Musik unterrichtet und debütierte in Neapel. Darauf sang sie in Florenz, Rom, Paris und Odessa und folgte 1873 einem Ruf an die Wiener Hofoper, wo sie, von Hans Richter weitergebildet, bald eine hervorragende Stellung erlangte. 1878 verließ sie Wien und war dann von 1879 bis 1882 am königl. Opernhaus zu Berlin thätig, wo sie 1881 zur königlichen Kammersängerin ernannt wurde. Dann zog sie sich von der Bühne zurück. Ihre Stimmmittel waren nicht groß, aber anmutig. Doch wußte sie durch ihre zierliche Erscheinung und durch gewandtes Spiel zu fesseln. Ihre besten Leistungen waren: Dinorah, Zerline („Don Juan“ und „Fra Diavolo“), Marie, Angela, Carmen, Traviata, Gilda („Rigoletto“), Lucia, Amine („Nachtwandlerin“).

 Tajāni, Diego, ital. Politiker, geb. 1825 in Sizilien, ward Advokat, dann Staatsanwalt in Palermo und nahm an der nationalen Erhebung 1860 den

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 785. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0789.jpg&oldid=- (Version vom 26.10.2022)