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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2

II. Die griechisch-römische Baukunst. Tafel IV–VI.
Die griechische Baukunst. Tafel IV.
Vollständig und nach bestimmten Gesetzen ausgebildeter Säulenbau.
Vorzeit.

Mauerstruktur der Pelasger. Kyklopenmauern (Löwenthor von Mykenä, Fig. 1, 2; Mauer zu Psophis, Fig. 3; Thor zu Phigalia, Fig. 4; Amphissa, Fig. 5).

Dorischer Stil (ca. 1000 v. Chr.).
Ionischer Stil (ca. 600 v. Chr.).
Strenge Gebundenheit, einfach klare Gesetzmäßigkeit in Konstruktion und Form. Scharf kannelierte Säule ohne Basis, mit Echinus und Abakus als Kapitäl, glatter Architrav, Triglyphen und Metopen am Fries. Schlankeres System; Fülle anmutig bewegter Formen: stumpf kannelierte Säule mit Basis, verzierter Echinus mit anliegenden Voluten, gegliederter Architrav, Fries ohne Triglyphen.
Erste Epoche. Tafel IV.

600–470 v. Chr., von der Solonischen Zeit bis zu den Perserkriegen.

Tempel zu Selinunt, Agrigent etc. Poseidontempel zu Pistum, Zeustempel zu Athen etc. Tempel der Hera auf Samos. Artemistempel zu Ephesos.
Zweite Epoche.

470–338 v. Chr., von den Perserkriegen bis zur makedonischen Oberherrschaft.

Parthenon zu Athen, 438 v. Chr. (Fig. 6). Propyläen, 431 v. Chr. Tempel der Nike Apteros, 469 v. Chr. Erechtheion (Fig. 7), ca. 409 v. Chr.
Dritte Epoche.

Von der makedonischen Herrschaft bis zum Untergang Griechenlands.

Verfall des streng dorischen Stils. Tempel der Athene zu Priene, 340 v. Chr.
Tempel der Athene Alea zu Tegea, 350 v. Chr.  
Korinthischer Stil (450 v. Chr.).

Spätere spielende Abart der andern Stile; original nur das Kapitäl, von schlanker, kelchförmiger Gestalt mit Akanthusblättern etc. reichverziert, später Kranzgesims mit Konsolen.

Monument des Lysikrates (Fig. 8, 9), 334 v. Chr. Turm der Winde (Fig. 10). Mausoleum zu Halikarnaß, 354 v. Chr. Apollontempel zu Milet. Theater zu Segesta (Fig. 11).

Die etruskische Baukunst. Tafel V.
Erfindung des Bogenbaues.

Denkmäler pelasgischer Art: die Mauern der Stadt Cossa. Erste Bogenbildung durch Überkragung horizontaler Steinschichten: Quellhaus zu Tusculum (Fig. 1) und Spitzbogen des Thors von Arpino. Gewölbebau (Konstruktion des Rundbogens, Fig. 2): Thor von Volterra (Fig. 3), Perugia (Fig. 4), Cloaca maxima zu Rom (Fig. 5). Bei dem Tempelbau (Fig. 6, 7) griechischer Einfluß. Tempelreste fehlen. Grabmäler bei Norchia, Castellaccio und Castel d’Asso, Cucumella bei Vulci und sogen. Grab der Horatier und Curiatier bei Albano (Fig. 8–11).

Die römische Baukunst. Tafel V u. VI.
Verbindung des Bogenbaues mit dem Säulenbau.

Einfluß der etruskischen Bauten ca. 300 v. Chr. Entwickelung des etruskischen Bogens zum Tonnengewölbe (Taf. V, Fig. 12), Kreuzgewölbe (Fig. 13), dann Kuppelbau.

Einfluß griechischer Bauten nach Unterjochung Griechenlands ca. 150 v. Chr.

Anwendung des Säulenbaues der Griechen: Hallen, Märkte, Basiliken.

Bedeutung der römischen Architektur: Verbindung der alten Formen des Säulenbaues und des neuen Konstruktionsprinzips der Wölbung zu einem neuen Stil.

1. Glanzepoche, zur Zeit des Kaisers Augustus (31 v. Chr. bis 14 n. Chr.): Pantheon (Taf. V, Fig. 14–16), Theater des Marcellus, Mausoleum des Augustus. Aquädukt des Claudius (Taf. VI, Fig. 3). Die Privatgebäude in Pompeji (Taf. VI, Fig. 4–6).
2. Glanzepoche, unter den Flaviern, 69 n. Chr.: Kolosseum (80 n. Chr.), Triumphbogen des Titus und Konstantin (Taf. VI, Fig. 7), Mausoleum des Hadrian (Taf. VI, Fig. 8–10), Basilika des Konstantin, Tempel der Venus und Roma, 135 n. Chr. (Taf. V, Fig. 17, 18). Amphitheater zu Nîmes (Taf. VI, Fig. 1, 2).
3. Spätrömische Bauten: Thermen des Caracalla (Taf. VI, Fig. 11), ca. 200 n. Chr., Palast des Diokletian in Spalato (Taf. VI, Fig. 12, 13), 305 n. Chr.
Säulenordnung (vgl. Tafel „Säulenordnung“).

Dorisch. Den Etruskern entlehnt; verziertes Kapitäl, Basis; mißbräuchlich toscanische Ordnung genannt. Tabularium zu Rom. Sarkophag des Scipio 250 v. Chr. (im Vatikan).

Ionisch. Entkleidung des ionischen Stils von seiner zarten, lebensvollen Anmut. Tempel der Fortuna Virilis.

Korinthisch. Am Sonnentempel Aurelians (sogen. Frontispiz des Nero). Auf den obern Teil des Kapitäls wurden an Stelle der leichten Spiralstengel breite Voluten samt dem Echinus des ionischen Kapitäls gelegt, woraus das Komposit- oder römische Kapitäl entstand. Titusbogen 70 n. Chr. (Rom).

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 481n. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b2_s0481n.png&oldid=- (Version vom 16.5.2022)