Seite:OABoeblingen120.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
120 Ortsbeschreibung.


auf das Rathhaus, wo sodann alle zum Besten der Brüderschaft erforderlichen Verfügungen getroffen wurden. Ihre Privilegien verdanken die herumziehenden Keßler einem Freiheitsbriefe Herzog Christophs vom 28. Mai 1554 (Sattler Keßlerschutz Beil. S. 40); in demselben ist zwar nur von irgend einer Stadt des Fürstenthums die Rede, worin die Keßler ihr Gericht halten sollten, allein seit unvordenklichen Zeiten ist Böblingen hiefür und für den Jahrestag bestimmt gewesen (vergl. Schwäb. Chronik vom 17. bis 19. August 1789).

In Zeiten Herzog Christophs wurde allhier im Jahre 1552 der Landtag und im Jahre 1565 das Hofgericht gehalten.

Eine Merkwürdigkeit der Stadt war das Bärenstift; es mußten nämlich nach einer alten Stiftung in dem Schloßgraben Bären genährt werden, deren Unterhaltung sich die Regierung sehr angelegen seyn ließ (Rescript von 1553 die jungen Bären betreffend; 1569, 3.–5. November, Burgvogts Bericht, daß der alte Bär krank sey, darauf Decret, wie ihm zu helfen. Stuttgarter Staatsarchiv); die Thiere pflanzten sich fort, so daß Herzog Christoph junge Bären zum Geschenk nach Hessen schicken konnte. (Würt. Jahrb. 1829, 455.) Herzog Carl gab diesem Stifte die edlere Bestimmung zu Unterstützung armer Familien.

Was die Kirche in Böblingen betrifft, so ist der älteste bekannte Pfarrherr Walterus plebanus de Bobelingen den 1. September 1261 Zeuge Graf Rudolfs von Tübingen für das Stift Sindelfingen; im Jahre 1382 10. Februar siegelt „Albrecht von Muineck Kirchherre zu Böblingen“ eine Urkunde Pfalzgraf Conrads von Tübingen des Schärers. Pfründen bestunden: zu unserer lieben Frauen,[1] zum heiligen Kreuz (bewidemt von der verwittweten Gräfin Henriette von Württemberg im Jahre 1419), zu St. Anna.

Der Pfarrsatz gehörte den jeweiligen Herren der Burg und Stadt Böblingen; im Jahre 1468, Mai 4., überließ die obengenannte Erzherzogin Mechtilde gegen Entschädigung durch die Lehenschaft der Pfarrei und Pfründen in Wildbad und Ditzingen, welche am 2. Januar 1469 erfolgte, die Böblinger Kirche und das Patronatrecht an das Kloster Hirschau, das sofort die Kirche incorporirte, worüber der Bischof Hermann von Constanz und Graf Eberhard von Württemberg, Sohn Mechtildens, Bestätigung ertheilten. Mit dem Kloster Hirschau ist das Patronat wieder an Württemberg


  1. An der Landstraße nach Ehningen, wo diese in den Wald eingeht, heißt ein Felddistrikt noch „bei der lieben Frauen,“ und 1/4 Stunde nordwestlich davon „bei St. Anna.“
Empfohlene Zitierweise:
Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen120.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)