Seite:OACrailsheim0399.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

das gipshaltige Wasser die Ursache der öfters sich zeigenden Taubstummheit (4 Personen) und auch vereinzelter Schwachsinnigkeit ist? Die häufigste Krankheit ist Lungenentzündung. Die alte Volkstracht ist im Schwinden, von alten Volksbelustigungen ist noch der Maientanz am Kirchweihmontag üblich.

Der Nahrungsstand der Einwohner ist gegenüber den benachbarten Orten weniger günstig; der frühere bäuerliche Wohlstand ist in den letzten 40 Jahren durch Zerschlagung der Güter geschädigt worden. Der größte Grundbesitz ist 23 ha an Feld und Wald, der mittlere 4,7–8 ha, der geringste 31–63 ar. Der Realgemeindewald wurde 1818 an die 58 Gemeinderechtsbesitzer vertheilt, von denen die meisten jetzt 5 ha, die übrigen 2,5 ha Wald besitzen. Wenige Bürger haben 7,5–15 ha Wald. Die Haupterwerbsmittel sind Feldbau, Viehzucht und Tagelohn. Der Gewerbebetrieb durch 2 Schmiede, 4 Zimmerleute, 2 Schreiner, 2 Bäcker, 1 Metzger und etliche Weber und 1 Hammerschmied geht auch nach außen. Hausierhandel wird von einigen ärmeren Personen betrieben. 2 Mühlen je ober- und unterhalb des Orts an der Maulach haben zwei Mahlgänge und einen Gerbgang, sowie eine Sägmühle. 3 Schildwirthschaften, davon 2 mit Brauerei, und 4 Kramladen sind vorhanden.

Die mittelgroße Markung hat thonhaltigen, mit Kies und Gips gemischten, schweren und hitzigen Boden von mittlerer Fruchtbarkeit.

Das Klima ist nicht rauh, durch die nahen Waldberge geschützt, läßt feinere Gewächse noch gedeihen, doch treten schädliche Fröste und kalte Nebel öfters auf. Hagelschlag ist äußerst selten. Als Wetterscheide gilt der Burgberg. Die Bodenbeschaffenheit erschwert den Betrieb der Landwirthschaft. Von Getreidearten sind als die gedeihlichsten Dinkel, Haber und Einkorn bevorzugt, Roggen, Gerste, Weizen wird wenig gebaut. Die zweimähdigen Wiesen liefern ein sehr kräftiges Futter, nur an der Maulach findet sich ein wenig saures. Die Obstzucht ist im Zunehmen. Der im Ort ansäßige Oberamtsbaumwart hat 2 Baumschulen, auch die Realgemeinde besitzt eine solche. Von Kernobst sind die rauheren Sorten beliebt, von Steinobst finden sich nur Zwetschgen. Die Realgemeinde besitzt 269 ha Nadelwald, wovon der Stiftung ca. 42 ha zustehen. Die Weiden, ca. 62 ha, sind größtentheils verpachtet. Die Brach- und Stoppelweide wird derzeit mehr von fremden als einheimischen Schafen befahren. Die Pachtsumme beträgt ca. 1600 M., die Pferchnutzung

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Crailsheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1884, Seite 399. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OACrailsheim0399.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)