Seite:OAGöppingen 110.png

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Wendeltreppen, wovon jene gegen Südwesten, die Traubenschnecke, wegen ihrer schönen Bildhauerarbeit, die leider allzudick übertüncht ist, und wegen ihrer eigenthümlichen sinnreichen Construktion Bewunderung erregt. Vom Boden erhebt sich nämlich bis unter das durch ein Kreuzgewölbe geschlossene Dach hinauf die starke Rebe, indem die 82 steinernen Tritte auf ihren Schenkeln ruhen, an welchen Blätter und Trauben, mit vierfüßigen Thieren, Vögeln und Insekten bunt untermengt, sich ausbreiten. Die Rebe bildet bis oben hinauf eine Wendung oder Höhlung, durch welche vom untersten bis zum obersten Tritt gesehen werden kann. Am Eingang des Thürmchens ist das württembergische Wappen mit der Jahreszahl 1562 und dazwischen ein Löwenkopf und ein Hund (ein zweiter ist weggebrochen), ausgezeichnet schön in Stein gehauen, angebracht. Auf jeder der 4 Ecken des Schlosses ist ein massiver Erker. Vom Schlosse aus führte ein Gang in die gegenüberstehende vormalige Schloß-, jetzt Stadt-Kirche, auf den Fürstenstand. Das Hauptportal des Schlosses, worüber die Jahreszahl 1559, hat rechts am Eingange zwei und links einen Pilaster mit den schönsten und reinsten architektonischen Verzierungen von Laubwerk, Löwenköpfen etc. Auf römischen Kapitälen lagern zwei Löwen, welche das württembergische Wappen halten. Über dem Hauptgesimse aber, zunächst unter zwei Hirschen, ist ein ungemein schönes Drachenpaar eingehauen, welches von Kunstkennern bewundert wird. — Durch den Schloßhof gelangt man über eine Brücke in den mit einer Mauer umgebenen, von Herzog Christoph im J. 1567 erweiterten und verschönerten, Schloßgarten. [1] Er ist 85/8 Morgen 171/2 R. groß und hat 374 meist edle Obstbäume. Von dem Garten sind 7/8 M. zu Laubwald angelegt, worin noch 3 starke Eichen von einem Alter von mehr als 500 Jahren stehen. (Eine derselben hat am Boden einen Umfang von 21 Fuß.) An der Gartenmauer breitet sich ein schönes Nebengelände aus, dessen Trauben in Blüthe und Zeitigung mit jenen des Unterlandes gleichen Schritt halten.

Das Jahr, in welchem der Bau des Schlosses begonnen worden, läßt sich nicht mehr genau bestimmen. Nach den vorgedachten Zahlen scheint derselbe in die Jahre 1559 bis 1567 zu fallen. Die Sage,

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Göppingen. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAG%C3%B6ppingen_110.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
  1. Zuvor war der Garten nur 21/2 Mannsmad groß. Der Keller berichtete 1567: Der Herzog habe „jetzo einen niederländischen Gärtner allher verordnet vnd derselbe einen großen Platz im Burggarten ausreiten lassen, vnd Vorhabens, neben andern auch vier kleine Lusthäuslein darein zu setzen.“ Im J. 1700 war ein Irrgarten darin angebracht und die Mauer mit drei Rondelen besetzt. Unter Herzog Carl, der viel für die Verschönerung gethan, fanden sich hier Reit-, Gewächs- und Orangerie-Häuser.