Seite:OAGöppingen 147.png

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J. 1509 ward ein bischöflicher Indulgenzbrief für St. Wendelscapelle »extra muros oppidi G.« ausgestellt. Das Kellereilagerbuch von 1477 gedenkt eines Gartens „by St. Wendel,“ der auf die Fils stößt.

Auch eine St. Diepoldscapelle muß bestanden haben. Nach demselben Lagerbuch lag ein Garten in der Nähe der Ziegelhütte „by Sanct Diepolt.“

Zählt man nun noch die Capellen im Hospital und im Adelberger Hof hinzu, so ist die Zahl der Kirchen und Capellen 7 und die der Geistlichen 33, nämlich 20 Stiftsherren und mindestens 13 Capellane.

Mit der Reformation wurde hier bälder, als in den meisten andern Städten, begonnen. Schon am 21. August 1534 befahl Herzog Ulrich dem Keller: „demnach viel Präbenden vff vnserm Stift in Vnserm Abwesen hingeliehen worden, solche Collatur aber Vns allein zugehörig gewesen,“ so soll mit Abreichung der Einkünfte Einhalt gethan werden. Auf Befehl vom 5. Jan. 1535 wurden die Pfründe förmlich eingezogen, nachdem schon am 15. September ein „evangelischer Prädicant“ mit 100 fl. Besoldung hierher geschickt worden war. Weil es diesem aber zu schwer fiel, die Kirche allein zu versehen, so wurde ihm M. Martin Cleß, von Uhingen gebürtig, (s. dort) beigegeben. Dieser in der vaterländischen Reformationsgeschichte rühmlich bekannte Mann [1] war schon 1516 Prädicant des Stiftes, mußte aber, wegen seiner Anhänglichkeit an die neue Lehre, entweichen, und wurde nun der erste evangelische Stadtpfarrer von Göppingen. Am 14. Mai 1536 befahl der Herzog, ihm eine Behausung einzuräumen und seinen Hausrath von Biberach herabzuführen. Inzwischen waren auch die Herren des Stiftes nachgiebiger geworden; auf Vermittlung der Stadt Ulm entschlossen sie sich, das Stift mit allen Einkünften abzutreten. Die Leibgedinge wurden 1536 vestgesetzt: 120 fl. dem Propst, Burkhart Fürderer, je 25 fl., 4 Eßlinger Eimer Wein, 25 Sch. Dinkel, 10 Sch. Haber und freie Wohnung für die Andern. Unmittelbar auf Cleß scheint M. Brodhag gefolgt zu seyn, der aber wegen der Einführung des Interims im Januar 1549 einem Johann Uracher weichen mußte, welchem die Prädicantenpfründe des Stiftes eingeräumt wurde. Die übrigen Präbenden des Stiftes blieben jedoch unbesetzt, denn sein Nachfolger, Joachim Konberger, klagte 1551, daß er, da er nur 1 Gehülfen

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Göppingen. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAG%C3%B6ppingen_147.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
  1. S. Cleß II. 185 und Heyd H. Ulrich II. 306. Der S. 140 gedachte treue Diener Herzogs Ulrich, Philipp von Rechberg, war sein Beschützer. Was Sattler (hist. Beschr. 134) über die Reformation berichtet, fanden wir nicht bestätigt.