Seite:OAGaildorf 143.png

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viele Schwefeltheile. An großem Wassermangel leidet zuweilen Mittelbronn in Folge der vollständigen Unterhöhlung durch das erwähnte Bergwerk. Bei Linsenhof ist die obere Roth durch einen Damm aufgehalten und bildet dort den 3–4 Morgen großen, mit Karpfen besetzten Hackensee, der Eigenthum der Standesherrschaft Waldeck ist. Der Boden der Hochebene ist durchgängig Lehm, vermischt mit den Urstoffen des Buchsteins, und für die Cultur empfänglich; im Gebiete der Liasformation wird er schwerer. An den Bergabhängen findet sich entweder Thonmergel oder sog. Mehlboden. Der Sandboden ist zwar leicht zu bauen, erträgt aber sehr wenig; er ist strichweise bald zu hitzig, bald zu kalt. Die Luft ist sehr rein und trocken. Es gedeihen Bohnen, Gurken etc. Auf der Höhe ist beständig Wind, der jedoch Sommers kühlt und Winters den Frost mäßigt, wie denn nicht bloß die Hitze, sondern auch die Kälte im Thale heftiger als auf der Höhe sind. Die Ernte beginnt hier 8–10 Tage später als im Thale. Die Gewitter ziehen meist gefahrlos vorüber. Im Ganzen zeigt sich das Klima eher rauh als mild, übrigens für die Gesundheit nicht unzuträglich.

Der Menschenschlag ist kräftig; gleichwohl finden sich hier die wenigsten alten Leute (S. 32). Durch den Bezirk führt die S. 81 erwähnte Straße von Gschwend an die Oberamtsgrenze Aalen. Die Hauptnahrung liefert der Wald und die Arbeiten in demselben; Ackerbau und Viehzucht sind untergeordnet, daher Brodfrucht zugekauft werden muß; Gewerbe nicht erwähnenswerth. Es ist einiger Wohlstand vorhanden, doch hat auch diese Gemeinde mehr arme, als vermögliche Einwohner. Die Markung ist 71434/8 M. groß, worunter 27881/8 M. Wald und 6502/8 Morgen Weiden und Öden, wonach 2,4 M. Baufeldes einen Kopf treffen. Der Reichthum an Werksteinen von Keuper ist groß; jene von Frickenhofen und Mittelbronn werden oft auf mehrere Stunden verführt. Die oben angegebenen allgemeinen Hindernisse eines Emporblühens der Landwirthschaft gelten ganz besonders dieser Gemeinde. Der Haber, oft im Gemische mit Wicken gebaut, gedeiht in seltener Vollkommenheit, auch der Roggen wird vorzüglich. Dinkel geräth nur auf dem Lehmboden der Hochebene, wird aber selten gebaut. Außer dreiblättrigem Klee und wenigen Runkelrüben werden keine Futterkräuter gebaut. Flachs und Hanf gedeihen gut, deßgleichen rauhe Obstarten. Der Wiesenbau liegt noch im Argen, da es meist an Gelegenheit zur Wässerung fehlt und die Wiesen an sich schlecht sind; daher muß Futter zugekauft werden. Der Waldbau ist großartig; das Holz wird in Pfähle geschnitten, in Schnittwaaren und Bauholz verwandelt, auch sehr vieles verkohlt; der Absatz geht in’s Unterland. Das Rindvieh ist sehr dauerhaft und schön, und wird auf den Gschwender Märkten von den Unterländern gesucht.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Gaildorf. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAGaildorf_143.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)