Seite:OAGeislingen 219.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

b) Dotzburg (d. i. Mariä Todsburg) mit 11 Einwohnern, 1/4 Stunde vom Orte entfernt, in einer einsamen Bergbucht, besteht jetzt nur noch aus einem einzigen Hause. In früherer Zeit stund hier eine Kapelle, nach der Tradition eine Stiftung des Weltpriesters Konrad Wahrenheinz vom Jahr 1389, welche durch Wallfahrten sehr bekannt war und als eine Expositur zu Stift Wiesensteig gehörte. Im Jahr 1805 wurde diese Kapelle abgebrochen und das wunderthätige Marienbild nach Wiesensteig versetzt, worauf die große Wallfahrt aufgehört hat.

Friedrich Graf von Helfenstein († 1483) schenkte am St. Thomastag 1482 der Kapelle zu unserer lieben Frau zu Dotzburg seinen Zehnten zu Ganslosen, Reichenbach und Hausen an der Fils, wie auch auf dem Wasserberg, doch daß man daselbst alle Freitag an der Frohnfasten für 2 Gulden Brod und Wein den armen Leuten zu Wiesensteig ausspende (Kerler Geschichte S. 123). Unter manchen frommen Stiftungen zeichnete sich das jährlich zwischen Ostern und Pfingsten abgehaltene Jägerfest aus. Bei einem feierlichen Hochamte versammelten sich sämmtliche Wiesensteiger Forstbeamte und Jäger. Der jüngste Jägerbursche eröffnete mit dem Leithunde den ersten Opfergang, darauf folgte das gesammte Forstpersonal in voller Uniform, und nach ihnen sämmtliche Jägersfrauen und Töchter. Beim 2ten Opfergang paradirte ein anderer Leithund, an den sich dann sämmtliche Jagdliebhaber geistlichen und weltlichen Standes anschlossen. Das beträchtliche Opfer fiel der Kirche zu.

Nach der Volkssage soll sich in alten Zeiten zu Dotzburg ein fürchterliches Burgverließ gefunden haben, worinnen die Besitzer der Ritterburg, welche dort gestanden habe, die Opfer ihrer Raub- und Fehdegierde dem Hungertode, dem Ungeziefer und dem Verfaulen bei lebendigem Leibe preisgaben.

In der Nähe von Dotzburg ist ein großer Kalktuffsteinbruch, aus dem man gute, brauchbare Steine gewinnt, daselbst findet man schöne Versteinerungen. – Über die Dotzburger Höhle ist S. 13 nachzusehen.

Empfohlene Zitierweise:
Christoph Friedrich von Stälin: Beschreibung des Oberamts Geislingen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1842, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAGeislingen_219.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)