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Christian Ludwig Fromm: Beschreibung des Oberamts Gerabronn

Kastenamt Bemberg gehörig und zwar mit aller Obrigkeit, doch besaß die Stadt Rothenburg 1 Lehengut hier. Ums Jahr 1594 waren auch die Herrn von Vellberg und von Crailsheim, und vom 15. Jahrhundert an die von Wolmershausen hier begütert. 1483 und von da an bis 1703 in vielen Fällen belehnten die Markgrafen von Ansbach die Herrn von Wolmershausen mit 1 Gut zu Musdorf; 1594 kamen von den vellbergischen Eigenthumserben 2 Höfe an Philipp von Crailsheim. 1

Besondere Erwähnung verdient noch der unter dem Namen Muswiese bekannte große Markt. Seine Entstehung verdankt er nach älteren Nachrichten den Wallfahrten, welche jährlich am Tag des Patrons der hiesigen Kirche, St. Michael, hieher stattfanden; daher er auch bis vor 150 Jahren „Michaelsmarkt“ hieß. Da der Ort Musdorf zu klein ist, als daß in demselben die weitläufige Messe eingerichtet werden könnte, so wird sie auf den anstoßenden Wiesen und Ackerfeldern links und rechts der Poststraße nach Rothenburg und zwar in der Woche, auf welche Burkhardus fällt, abgehalten. Bis zu Einführung des neuen Kalenders fiel der Markt mit dem Michaelis Tag zusammen und dauerte 3 Tage; nun erstreckt er sich aber je auf den Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag der Burkharduswoche und dient als Vieh-, Kram-, Viktualien-, Kübel-, Hafen- und Möbel-Markt zu Befriedigung des Bedarfs der Umgegend für das nächste Jahr. Der Umsatz ist von Bedeutung; der Markt wird von einer großen Zahl, öfters bis 700 Kaufleuten und andern Handeltreibenden besucht. Von größerer Wichtigkeit noch ist der Markt aber als Volksfest für diesen Landstrich. Das Landvolk besucht ihn bis auf 4 Stunden, die übrigen Stände aus noch größerer Entfernung, namentlich von Rothenburg, Crailsheim, Hall, Kirchberg, Langenburg und Künzelsau, und die Dienstboten in unserem Bezirke bedingen sich die Erlaubniß zum Besuche desselben regelmäßig ein. Ein Zusammenfluß besonders günstiger Umstände gab dem Markt diese Bedeutung und schuf ihn gleichzeitig zum einzigen Volksfest in der Gegend.[1] Der Marktplatz liegt nämlich auf ehemals ansbachischem Territorium, hart an den Grenzen des vormals Reichsstadt-rothenburgischen Gebiets, unfern des Knotens, den die zahlreichen bei Roth am See zusammenlaufenden Verbindungsstraßen knüpfen, und in der Mitte der weiten Ebene, welche die Tauber-, Jagst- und Vorbach-Flüsse umschließen, aber auch in Mitte der 18 verschiedenen Territorien,


  1. In der neuern Zeit finden am Tage des Viehmarkts auch die Preisaustheilungen des landwirthschaftlichen Bezirks-Vereins statt.
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Christian Ludwig Fromm: Beschreibung des Oberamts Gerabronn. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAGerabronn0202.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)