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hat hübsche Gemälde, hauptsächlich aber reiches und schönes Schnitzwerk und Crucifix. Er ist an einer Seitenwand des Chores aufgestellt, verdiente jedoch eine Restauration und einen bessern Platz. Ein weiterer Altar, längst in der Sacristei, hat ebenfalls schöne Schnitzarbeiten (S. v. Grüneisen im Kunstbl. zum Morgenbl. 1840. S. 418). Die in der Runde des Chors herumstehenden vormaligen neun Capellen- oder Seiten-Altäre bieten manche genealogische Merkwürdigkeit dar. Neben einigen guten alten, die Fußwaschung Christi und die Kreuzerfindung darstellenden Gemälden mit Flügeln sind Tafeln mit Wappen und Namen Derjenigen angebracht, welche zur Reich-Almosenpflege, zum Gymnasium und zum Waisenhause Stiftungen gemacht haben. Eine weitere Merkwürdigkeit des Chors ist der am Gewölbe befestigte, oben S. 30 erwähnte Mammuthszahn. Mehrere Monumente ehmaliger Städtmeister, aus Marmor und Stein, zwar keines von höherem Alter und alle im Rococo-Styl, ziehen wegen ihrer schönen Ausführung an. Statt der 1488 erstmals erbauten, seit 1575 im Chor gestandenen Orgel wurde bei der jüngsten Restauration der Kirche ein treffliches Meisterwerk von Walker in Ludwigsburg gefertigt und unter das Glockenhaus gesetzt. Im Langhause ist hauptsächlich die in einer Seitennische angebrachte Grablegung Christi aus dem 15. Jahrhundert von Kunstwerth, indem die Figuren in Lebensgröße schön in Holz geschnitzt sind. Auch die Kanzel ist von schöner Arbeit. Die vielen Gemälde, Wappenschilde und Tafeln, womit die Säulen geziert waren, und woran sich manche Erinnerungen an die alten, allermeist erloschenen Geschlechter der Stadt knüpfte, sind in neuester Zeit vollends hinweggebracht worden; noch 1796 belief sich nach den Kirchenregistern die Zahl dieser Monumente auf 240. – Der Thurm ist nicht von gothischer, sondern meist von byzantinischer Bauart; in einzelnen Theilen das einzige Überbleibsel des alten Kirchgebäudes. Seine Höhe bis zum Knopfe beträgt 167,4 württ. Fuße. Daß es im Plan der jetzigen Kirche gelegen, denselben später abzubrechen und durch einen größeren Thurm in gothischem Style zu ersetzen, ist aus den im Giebel der Kirche befindlichen Bindungsquadern zu schließen. Im Thurme hängen 6 Glocken; die älteste, ohne Jahrzahl, hat die Umschrift: „Pro populo catholico Maria virgo interpelle Deum.“ In der Mitte der durch das Portal des Thurmes gebildeten Vorhalle, wo das in Stein gehauene colossale Bild des Erzengels Michael, steht eine große schöne byzantinische Säule, die C. Heideloff im 5ten Heft Platte 4. seiner Ornamentik abgebildet hat. Die Außenseiten der Kirche sind mit vielen Grabsteinen besetzt, da auf diesem Vorplatz bis in die neuere Zeit die Städtmeister, Reichsschultheißen und Prediger beerdigt worden

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Hall. Verlag der J. G. Cotta’sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHall0122.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)