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und arme Kinder aus Hall und andern Landestheilen, wurde im Oktober 1841 zum Gedächtniß der Regierungsjubelfeier des Königs Wilhelm gegründet und ist neuerdings in einem eigenthümlich erworbenen Haus, dem ehemaligen Nonnenkloster, untergebracht. Ein Hausvater, zugleich Schulmeister, und seine Frau sind die Erzieher und Lehrer, und werden von dem fortbestehenden Vereine der Gründer überwacht. Die Kosten werden theils durch die Centralleitung des Wohlthätigkeitsvereins, theils durch die Amts-Corporation und theils durch milde Beiträge bestritten. Die Anstalt hatte nie auch nur die geringste Schuld, wozu die Frauenvereine Halls wesentlich mitgewirkt haben. Die Zahl der Kinder war Ende 1845 64.

Die Industrieschule stammt noch aus dem vorigen Jahrhundert, da schon 1761 im Hospitale eine Baumwollenspinnanstalt für arme Kinder errichtet und mit ihr später eine Strohflechtanstalt verbunden worden ist. Vier Lehrerinnen unterrichten im Spinnen, Nähen, Biegeln und im Flechten von Schuhen aus Tuchenden. Die städtische Armenkasse hat derselben ihren Antheil an der Hundeauflage überlassen und reicht ihr überdieß jährlich 250 fl. Beitrag.

Die Kleinkinderbewahranstalt, welche seit 1834 besteht, zählt 70–150 Kinder von 3–6 Jahren, sowohl aus armen, als aus vermöglichen Familien. Sie wird durch milde Beiträge erhalten und durch eine Commission beaufsichtigt.

Die Privatstiftungen der Stadt sind ebenfalls von Belang. Darunter zeichnen sich hauptsächlich die sogenannten Reichalmosenschüsseln aus, wozu 1494 der Bürger Conrad Speltacher den Grund legte. Er stiftete Gülten und Capitalien, von deren Zinsen verschämten Armen wöchentlich Brod, Wein und andere Naturalien gereicht werden sollten. Aufgemuntert durch den hunderttägigen Ablaß, welchen der päpstliche Legat Raymund bald darauf verhieß, folgten diesem Beispiele andere Bürger, so, daß im J. 1803 die Zahl dieser Portionen oder „Schüsseln“ 132 betrug, wovon 8 zur Disposition der Herrschaft standen, eine der Schüsselmann bezog und 123 von dem Ältesten jeder Familie, die eine solche Stiftung gemacht, auf Lebenszeit zu vergeben waren. Diese Portionen oder Schüsseln wurden bis zu unserer Zeit an jedem Sonntag Vormittags vor der Michaelskirche ausgetheilt (s. o. S. 123); seit 1803 aber wird statt einer Schüssel 13 fl. 52 kr. jährlich bezahlt. Ihr Capitalfond ist 26.561 fl. – Auch die Egenstiftung verdient Erwähnung. Eine Wittwe aus der haller Familie Egen machte vor einigen Jahrhunderten eine Stiftung, aus deren Ertrag die Hebammen armer Wöchnerinnen bezahlt, arme Schulkinder

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Hall. Verlag der J. G. Cotta’sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHall0141.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)